Bischöfe grundsätzlich positiv zu Geißler-Vorschlag

Kirche steht zur Verfügung

"Es ehrt uns, dass der Schlichter die Kirchen und die Bischöfe als Moderatoren ins Gespräch bringt." Das sagt Bischof Fürst. Er zeigt eine grundsätzliche Bereitschaft, beim Bauprojekt Stuttgart 21 weitere Wogen zu glätten. Heiner Geißler hatte für neue Schlichtungsgespräche die baden-württembergischen Bischöfe empfohlen.

 (DR)

Die württembergischen Bischöfe Gebhard Fürst und Frank Otfried July haben verhalten positiv auf den Vorschlag von Heiner Geißler reagiert. Zu prüfen sei allerdings, ob der Beitrag der Kirchen an die Personen der Bischöfe gebunden sein müsse, so Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst. Vorschnelle Äußerungen dazu dürften dem Anliegen einer weiteren Vermittlung zwischen den Konfliktparteien nicht dienlich sein.



Betroffene sollen Gesprächsbedarf signalisieren

Sein evangelischer Kollege July erinnerte daran, dass die Kirchen von Anfang an eine Gesprächsplattform angeboten hätten. Nun müsse man abwarten, ob der kirchliche Beitrag zur Vermittlung von den Betroffenen gewünscht werde. Ihn freue, dass Geißler die Rolle der Kirchen in der Auseinandersetzung anerkannt habe. Auch der Geschäftsführer des katholischen Stadtdekanats Stuttgart, Alexander Lahl, hatte im domradio.de-Interview bereits eine generelle Bereitschaft der Kirche vor Ort signalisiert.





Geißler hatte sich am Dienstag in seinem abschließenden Votum dafür ausgesprochen, im Fall neuer Proteste gegen "Stuttgart 21" weitere Schlichtungen zu veranstalten, die von den Bischöfen moderiert werden könnten. Nach seinem Schlichterspruch zugunsten des Baus des Tiefbahnhofs war es zu kleineren Demonstrationen in der Landeshauptstadt gekommen.

Für einen Baustopp des insgesamt sieben Milliarden Euro teuren Projekts sieht der ehemalige CDU-Politiker keine Chance. Geißler gab in seinem Schlichterspruch bekannt, dass sich Befürworter wie Gegner auf erhebliche Nachbesserungen des Bahnprojekts verständigt hätten.



Gegen Zugriff von Spekulanten

So sollen etwa neue Baugrundstücke, die durch die Verlegung des Hauptbahnhofs unter die Erde entstehen, durch die Einrichtung einer Stiftung dem Zugriff von Spekulanten entzogen werden. Die Stiftung solle gewährleisten, dass der Innenstadt eine Frischluftschneise erhalten bleibt und Neubauten ökologisch, familienfreundlich und erschwinglich werden. Abweichend vom ursprünglichen Konzept sollen in den neuen Bahnhof statt acht nun zehn Gleise gebaut werden, um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Gesunde Bäume aus dem Stuttgarter Schlossgarten sollen nicht gefällt, sondern verpflanzt werden.



Grundsätzlich hält Geißler die Entscheidung für richtig, das Projekt "Stuttgart 21" fortzusetzen. Der Ausstieg würde laut dreier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zwischen einer und 1,5 Milliarden Euro kosten. Die von den Gegnern entwickelte Alternative des "Kopfbahnhofs 21" besitze weder genaue Pläne noch Baugenehmigungen noch eine klare Finanzierungsgrundlage. "Es gibt keinen Anhaltspunkt, das Projekt aus Kostengründen zu stoppen", sagte Geißler.



Evangelischer Bischof begrüßt Schlichterspruch

Der evangelische Stuttgarter Regionalbischof Ulrich Mack begrüßte den Schlichterspruch und das vorausgegangene Verfahren. Er freue sich, dass dabei in Stuttgart das Modell einer neuen demokratischen Beteiligungsform praktiziert worden sei, sagte Mack. Diese Form könne auch im weiteren Verfahren Früchte tragen, wenn sich Befürworter und Gegner zu einem konstruktiven Miteinander entschlössen. Mack hatte während der hitzigen Auseinandersetzungen zum Projekt ein "Gebet für Stuttgart" formuliert, das wöchentlich in der Stuttgarter Stiftskirche gesprochen wird.



Gegner und Befürworter des Projekts hatten seit dem 22. Oktober in acht Gesprächsrunden über Finanzierung, Technik und Alternativen zu "Stuttgart 21" gestritten. Mit dem Schlichterspruch Geißlers am neunten Verhandlungstag sind diese Verhandlungen nun offiziell zu Ende.