Bischöfe gegen Nutzen-Kalkül bei ärztlichen Entscheidungen

Im Fall von Triage

Die deutschen Bischöfe haben zu einem ethischen Dilemma im Zusammenhang mit der Corona-Krise Stellung genommen. Wenn es um die Entscheidung ginge, wer eine lebensrettende Behandlung bekomme, dürften Alte nicht benachteiligt werden.

Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht (KNA)
Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Falls es auch in Deutschland zu einer Überlastung der Intensivstationen kommen sollte, dürften alte und vorerkrankte Menschen bei der Vergabe begrenzter Beatmungsplätze nicht einseitig benachteiligt werden, mahnten die Bischöfe in einer als "Hilfestellung" gedachten "Argumentationsskizze".

Derzeit ist eine solche Situation in Deutschland nirgendwo gegeben, es sind genügend Plätze vorhanden. Es wird aber nicht ausgeschlossen, dass es dazu in einer kritischen Phase kommen könnte.

Nicht nur die Prognose im Blick haben 

Kritik an gesetzlicher Regelung zur Triage  / © Terelyuk (shutterstock)
Kritik an gesetzlicher Regelung zur Triage / © Terelyuk ( shutterstock )

 In einem solchen Fall müssten die Ärzte eine sogenannte Triage vornehmen: Sie müssten entscheiden, wer die lebensrettende Behandlung bekommt und wer nicht. 

In seinen fünfseitigen Überlegungen wendet sich das Sekretariat der Bischofskonferenz dagegen, dabei grundsätzlich "junge, nicht vorerkrankte Patienten mit leichterem Verlauf gegenüber älteren vorerkrankten Patienten bei Intensivbehandlung vorzuziehen, weil erstere ja die deutlich bessere Prognose haben". 

Eine solche Triage müsse aus ethischen Gründen "klar verworfen" werden. Ein "Nutzen-Kalkül" sei abzulehnen.

Erfolgsaussichten und Dringlichkeit abwägen

Der Arzt müsse vielmehr zwei Kriterien gegeneinander abwägen: die Erfolgsaussichten und die Dringlichkeit. Diese beiden Aspekte - die miteinander im direkten Widerspruch stehen können - sind auch bei der Vergabe von Spenderorganen ausschlaggebend. 

"Auch hier ist es eine Kombination aus Bedürftigkeit und Prognose, die für die Entscheidung herangezogen wird". Das Fazit der Bischofskonferenz lautet: "Als Entscheidungskriterien kommen ausschließlich medizinische Aspekte in Betracht, insbesondere aber die Behandlungsbedürftigkeit und die Prognose, die sorgfältig individuell abgewogen werden müssen." 

Triage

Der Begriff "Triage" bezeichnet in der Medizin eine Methode, um im Fall einer Katastrophe oder eines Notfalls die Patienten auszuwählen, die zuerst eine medizinische Versorgung erhalten. Das Wort stammt aus dem Französischen und bedeutet übersetzt "sortieren" oder "aussuchen". Der Begriff stammt aus der Militärmedizin, wo es um die Versorgung der Verletzten auf dem Schlachtfeld geht. Inzwischen wird er auch in der Notfallmedizin oder dem Zivilschutz etwa bei Katastrophen, Terroranschlägen oder Pandemien verwandt. Dazu wurden strukturierte Triage-Instrumente entwickelt.

Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan (dpa)
Triage für Coronavirus-Notfälle in Bergamo / © Claudio Furlan ( dpa )
Quelle:
dpa