Die Schilderungen sind dramatisch: Hurrikan "Melissa" hat laut der katholischen Kirche auf Kuba eine Spur der Verwüstung hinterlassen. In einem Appell an die internationale Gemeinschaft ist von zerstörten Häusern, umgestürzten Strommasten, vom Wind verwüsteten Bergregionen und beschädigten Kirchen die Rede. Besonders berührt kubanische Katholiken, dass auch die Wallfahrtsstätte der "Barmherzigen Jungfrau von Cobre " - der Schutzpatronin Kubas - beschädigt wurde. Berichtet wird auch über Schäden an Ordenshäusern und anderen lokalen Kirchen.
Das nahm die katholische Kubanische Bischofskonferenz zum Anlass, angesichts einer "Katastrophe von enormem Ausmaß" zu "dringender internationaler Solidarität" aufzurufen: "Es werden Lebensmittel, Kleidung, Matratzen, Haushaltsgegenstände und Dachmaterialien benötigt, insbesondere für ältere Menschen und die Schwächsten", zitiert die in der Exil-Kubaner-Hochburg Miami erscheinende Zeitung "El Nuevo Herald" aus dem Schreiben.
An Regierungskanälen vorbei
Offenbar trafen die Hilferufe aus Havanna auf offene Ohren in den USA. Obwohl Washington und Havanna in tiefer ideologischer Abneigung verbunden sind: Die USA halten seit Jahrzehnten ein Handelsembargo gegenüber der Insel aufrecht. Kuba bezeichnet Washington stets als imperialistische Macht.
Das regierungskritische Portal "14ymedio" aus Havanna berichtete am Sonntag (Ortszeit), die USA wollten gemeinsam mit der katholischen Kirche eine Hilfe in Höhe von drei Millionen Dollar für die Opfer von "Melissa" koordinieren. Die Unterstützung scheint also an den offiziellen Regierungskanälen vorbeizulaufen.
Zuvor hieß es aus dem US-Außenministerium, dass die Trump-Regierung sich mit dem "mutigen kubanischen Volk" solidarisch zeige und weiterhin für die Versorgung der Grundbedürfnisse wirken werde. Die Vereinigten Staaten seien "bereit, sofortige humanitäre Hilfe zu leisten, sowohl direkt als auch über lokale Partner, die diese Hilfe auf die effektivste Weise zu den Bedürftigen bringen können".
Schwierige Beziehungen
Für die chronische Versorgungskrise in dem sozialistischen Staat macht die kubanische Regierung stets das jahrzehntelange US-Handelsembargo verantwortlich. Humanitäre Hilfe, Grundnahrungsmittel oder lebensnotwendige Medikamente sind davon allerdings nach US-Angaben nicht betroffen. Zuletzt steigerten sich die kubanischen Lebensmittelimporte aus den USA deutlich.
Brisant ist das Schreiben der Bischöfe auch deshalb, weil sie auf die desolate allgemeine Lage in Kuba eingehen. Das kann als Kritik am sozialistischen Ein-Parteien-Regime in Havanna gedeutet werden: Die durch den Hurrikan verursachte nationale Tragödie verschärfe die schwierige Alltagssituation "mit Mangel an Grundgütern, langen und häufigen Stromausfällen, sich zunehmend ausbreitenden Viren und Krankheiten".
Appell an Exil-Kubaner
Außerdem appellierten die Bischöfe an die internationale Kirchengemeinschaft und die Caritas, sowie "an alle Kubaner in anderen Teilen der Welt und im ganzen Land. An alle, die uns mit gutem Willen helfen wollen und können." Gemeint sind damit vor allem die Exil-Kubaner in den USA. Die humanitäre Organisation der katholischen Kirche auf der Insel, Caritas Nacional de Cuba, sei "bereit, die Hilfe zu kanalisieren". Kurze Zeit später folgte dann die Ankündigung aus den USA. Ob es sich dabei wirklich um drei Millionen US-Dollar handelt, wie die unabhängigen Portale berichten, lässt sich nicht verifizieren.
Hurrikan "Melissa" hatte in der Karibik für Verwüstungen gesorgt. Rund 30 Menschen sollen in der Region ums Leben gekommen sein. Jamaika berichtet über Milliardenschäden, das ohnehin bettelarme Haiti hat den Notstand aufgerufen. Über Todesfälle auf Kuba ist bislang nichts bekannt. Der kubanische Katastrophenschutz immerhin gilt als gut organisiert.