Betroffene und Kirchenvertreter reagieren auf Bode-Rücktritt

"Richtig", aber zu spät

Für die Initiative "Eckiger Tisch" kommt der Rücktritt von Bischof Franz-Josef Bode zu spät. Zuvor habe es eine kircheninterne Anzeige Betroffener gegen den Bischof gegeben. Diese und weitere Reaktionen im Überblick.

Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode / © Lars Berg (KNA)
Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode / © Lars Berg ( KNA )

Nachdem Papst Franziskus den Amtsverzicht von Bischof Franz-Josef Bode im Kontext der fehlerhaften Missbrauchsaufarbeitung angenommen hat, melden sich Betroffene und Kirchenvertreter zu Wort.  

Betroffeneninitiative: Bode hätte früher zurücktreten müssen

Den Amtsverzicht des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode hat der Geschäftsführer der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch, Matthias Katsch, als "richtig und wichtig" bezeichnet. "Besser wäre es gewesen, er hätte gleich nach Vorlage der Studie der Universität Osnabrück im vergangenen Herbst die Verantwortung übernommen dafür, wie er mit Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs durch seine Priester in der Vergangenheit umgegangen ist, und seinen Rücktritt selbst eingereicht", sagte Katsch am Samstag in Berlin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er erinnerte auch an eine kircheninterne Anzeige gegen Bode durch Missbrauchsbetroffene.

Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Katsch erklärte dazu: "Man wünscht sich von Bischof Bode wie bei anderen Bischöfen die Einsicht, dass sie sich nicht einfach entschuldigen können, um dann weiterzumachen nach dem Motto: Ich war Teil dieses Missbrauchssystem und habe Täter geschützt, aber weil ich das System so gut von innen kenne, bin ich auch der geeignete Mann, um es zu verändern." Offenbar funktioniere die Rechenschaftspflicht für Bischöfe, die in der Vergangenheit Täter geschützt hätten, "bisher aber nur selektiv".

"Dramatische Vertrauensverluste"

Im Falle der Kölner Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp sowie der Erzbischöfe Rainer Maria Woelki (Köln) und Stefan Heße (Hamburg) sei bislang noch kein Rücktritt angenommen worden, so Katsch. "Dabei ist doch klar: Es kommt nicht auf die kirchenpolitische Position eines Bischofs an, wenn es darum geht, dass sie Verantwortung für ihren Umgang mit Opfern und Tätern übernehmen sollten." Dringend müsse die Frage angegangen werden: "Wie kommen nun unbelastete Bischöfe ins Amt, die glaubwürdig den Bruch mit der dunklen Vergangenheit vollziehen können?"

Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" nannte Bodes Rücktrittsgesuch ebenfalls verspätet, aber dennoch beispielhaft, auch für andere Bischöfe und Personalverantwortliche in der katholischen Kirche. "Wir sind Kirche" begrüßte, dass der Papst das Gesuch Bodes angenommen hat. "Dagegen ist es nach wie vor zutiefst irritierend, dass über das Rücktrittsgesuch von Kardinal Rainer Maria Woelki immer noch nicht entschieden wurde, was dramatische Vertrauensverluste und in der Folge zahlreiche Kirchenaustritte zur Folge hat."

Betroffenenrat in Osnabrück: Rücktritt ein "Schritt in die richtige Richtung"

Der norddeutsche Betroffenenrat der katholischen Bistümer Hamburg, Hildesheim und Osnabrück hat Bodes Rücktritt als "wichtiges Zeichen sichtbarer Verantwortungsübernahme" und "wegweisenden Schritt in die richtige Richtung" bezeichnet. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass der Aufarbeitungs- und Schutzprozess, der im Bistum Osnabrück durch Bischof Bode 2019 installiert wurde, auch weiterhin konstruktiv und zielgerichtet verfolgt wird", teilte der Betroffenenrat am Samstag mit. Weiter hieß es, das "letztendlich konsequente Handeln von Bischof Bode sollte Vorbild für andere Verantwortungsträger" in den Bistümern der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) sein.

Der norddeutsche Betroffenenrat hatte Bode im Dezember vergangenen Jahres wegen seines Umgangs mit Fällen sexualisierter Gewalt kirchenrechtlich angezeigt. Mit der Anzeige beim Hamburger Erzbischof Stefan Heße habe der Betroffenenrat Bode daran erinnern wollen, nicht täter-, sondern betroffenenorientiert zu handeln und persönlich Verantwortung zu übernehmen, erläuterte der Betroffenenrat Nord am Samstag.

Kerstin Claus / © Demy Becker (dpa)
Kerstin Claus / © Demy Becker ( dpa )

Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung würdigt Verantwortungsübernahme

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, sagte der KNA, Bodes Rücktritt sei "ein wichtiges Zeichen von Verantwortungsübernahme, sowohl persönlich als auch als Repräsentant des Bistum Osnabrück". Klar müsse zugleich sein, dass Bode "bei weitem nicht der einzige katholische Funktionsträger ist, der seiner damit verbundenen Verantwortung nicht gerecht geworden ist".

Claus betonte: "Nur wenn sexueller Missbrauch rückhaltlos aufgedeckt und aufgeklärt wird, nur, wenn auch gerade die Verantwortung übernehmen, die in einer Institution oder Organisation nicht hinreichend für den Schutz von Kindern und Jugendlichen gesorgt haben, nur dann wird auch ein Grundstein dafür gelegt, dass sich ähnliche Taten nicht heute wiederholen können."

Bischof Georg Bätzing / © Sascha Steinbach (epa pool)
Bischof Georg Bätzing / © Sascha Steinbach ( epa pool )

DBK-Vorsitzender Georg Bätzing zollt Respekt

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, nahm den Rücktritt mit "großem Bedauern und Respekt" zur Kenntnis. "Gerne hätte ich Dich noch weitere Jahre an unserer Seite in der Deutschen Bischofskonferenz gesehen. Gleichzeitig verstehe ich Deine Entscheidung und die damit verbundenen Konsequenzen."

Mit dem Rücktritt übernehme Bode auch Verantwortung für das "uns alle seit langem begleitende Thema des sexuellen Missbrauchs in der Kirche", sagte Bätzing: "Es war ein Ringen in Dir, eine innere Zerrissenheit, manchmal auch die Enttäuschung über Mitbrüder."

Hamburger Erzbischof Heße bedauert Rücktritt Bodes

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und Hildesheims Bischof Heiner Wilmer äußerten ebenfalls Bedauern und Respekt. Zwischen dem Erzbistum Hamburg und dem Bistum Osnabrück gebe es eine lange und enge Verbundenheit, hieß es in einer Mitteilung des Erzbistums Hamburg vom Samstag. Heße sagte über Bode: "Und so danke ich ihm für seinen Dienst in unserer Metropolie und das gute brüderliche Miteinander." Bis 1995 gehörte auch das heutige Erzbistum Hamburg zum Bistum
Osnabrück.

Franz-Josef Bode (l.), Bischof von Osnabrück, und Stefan Heße, Erzbischof von Hamburg (Archiv) / © Harald Oppitz (KNA)
Franz-Josef Bode (l.), Bischof von Osnabrück, und Stefan Heße, Erzbischof von Hamburg (Archiv) / © Harald Oppitz ( KNA )

Mit seinem Rücktritt übernehme Bode "Verantwortung für das uns alle begleitende Thema des sexuellen Missbrauchs in unserer Kirche. Dafür spreche ich ihm meinen Respekt aus", sagte Heße. Wilmer ergänzte, Bode sei ihm immer "ein wichtiger Gesprächspartner beim Thema der kirchlichen Entwicklung" gewesen.

Der bisherige Verwaltungschef des Bistums Osnabrück, Generalvikar Ulrich Beckwermert, nannte den Rücktritt in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) eine "große Zäsur". Bode habe das Bistum als Verfechter einer weltoffenen Kirche geprägt, die Gott und den Menschen nahe sei. Mit Bodes Rücktritt endet automatisch auch die Amtszeit seines Generalvikars. Die Vorsitzende des Katholikenrates im Bistum Osnabrück, Katharina Abeln, erklärte, mit Bode gehe ein "Mitstreiter auf vielen weiteren Ebenen".

Laien würdigen Bodes Beitrag zum Synodalen Weg

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat das Wirken des zurückgetretenen Osnabrücker Bischofs im Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland gewürdigt. Er habe den Synodalen Weg als Präsidiumsmitglied "maßgeblich mitgestaltet und ihm immer wieder eine Stimme gegeben", erklärte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Samstag in Berlin.

Präsidium des Synodalen Wegs: Thomas Söding, Bischof Georg Bätzing, Irme Stetter-Karp, Bischof Franz-Josef Bode / © Rudolf Wichert (KNA)
Präsidium des Synodalen Wegs: Thomas Söding, Bischof Georg Bätzing, Irme Stetter-Karp, Bischof Franz-Josef Bode / © Rudolf Wichert ( KNA )

Bode sei an der Zukunft des Christseins "elementar" interessiert gewesen. "Er war bereit, sich im Argumentieren überzeugen zu lassen und selbst durch Argumentieren zu überzeugen. Klerikale Überheblichkeit war und ist ihm fremd. Das spricht sehr für ihn und zeigt, warum er jetzt konsequent seinen Rücktritt vom Amt suchte." Er habe durch seine Person glaubwürdig gemacht, dass Kirche einen Neuanfang brauche.

ZdK-Vizepräsident Thomas Söding betonte: "Auf dem Synodalen Weg, für den wir gemeinsam das Amt der Vizepräsidenten wahrgenommen haben, war er ein vorangehender, sich klar positionierender Bischof." Bode sei intensiv für einen Erfolg des Synodalen Wegs eingetreten.

Katholische Frauengemeinschaft: "würden eher andere Rücktrittsannahmen begrüßen"

Die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Mechthild Heil, sagte am Sonntag: "Wir würden es begrüßen, wenn der Papst die Rücktrittsgesuche der Bischöfe, die bereits ihren Amtsverzicht in ähnlichen Fällen in Rom eingereicht haben, ebenfalls annehmen würde." Doch wenn sie den Rücktritt Bodes auch begrüßten, verlören die Frauen in der Kirche mit Bode auch einen wichtigen Mitstreiter für Reformen, wie etwa der Weihe von Frauen.

Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirchen in Niedersachsen, Bischof Thomas Adomeit, würdigte Bodes Offenheit, Gastfreundschaft und seinen Einsatz für die Ökumene.

Rücktritt nach Fehlern bei Missbrauchsaufarbeitung

Der Vatikan hatte am Samstag mitgeteilt, der Papst habe Bodes Amtsverzicht angenommen. Bode selbst begründete seinen Rücktritt vor allem mit eigenen Fehlern bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch. So habe der im vergangenen September veröffentlichte Zwischenbericht zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück "noch einmal deutlich seine eigenen Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen vor Augen geführt".

Quelle:
epd , KNA