In Berlin tagte der dritte Integrationsgipfel

Alte Forderungen, neuer Plan

Die Bundesregierung will mehrmals im Jahr tagende Gesprächskreise mit Migranten zu verschiedenen Themen ins Leben rufen. Das ist das Ergebnis des dritten Integrationsgipfels. Forderungen nach der Einrichtung eines festen Integrations-Beirates lehnte Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen ab.

 (DR)

Ein "strukturierter Dialog" mit den jeweiligen Experten könne zu verbindlicheren Ergebnissen führen als ein fester Beirat, sagte Merkel. Die Regierung wolle sich in der Integrationspolitik feste Ziele setzen, die überprüft würden. "Es gibt kein Entweichen, wenn die Ziele nicht erreicht werden", kündigte die Kanzlerin an.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), konkretisierte die Vorgaben. Bis 2012 sollten alle Kinder, die in die Grundschule kommen, die deutsche Sprache gut beherrschen.
Bislang gebe es nur in gut der Hälfte der Kindergärten Sprachförderangebote für Migrantenkinder. Zudem sollten bis 2012 die Zahl der Schulabbrecher halbiert und das Bildungsniveau von Schülern ausländischer Herkunft und von Schülern ohne Migrationshintergrund angeglichen werden.

Böhmer kündigte für Anfang 2009 eine Konferenz zum Thema Integrationsmonitoring an. Dabei sollten die Fortschritte gemessen werden. Indikatoren für die Messung von Integration sollten entwickelt werden. Sie betonte, dass auch rechtliche Fragen dabei "immer wieder im Zentrum der Erörterungen stehen werden".

Migrantenverbände erneuern ihre Forderungen
Die Migrantenverbände erneuerten beim Integrationsgipfel ihre Forderungen nach rechtlichen Verbesserungen im Staatsangehörigkeitsrecht und beim Ehegattennachzug. Das müsse überdacht werden, sagte der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, Mehmet Tanriverdi, im Anschluss an das Gipfeltreffen. Ebenso müssten ausländische Frauen, die von ihren Ehemännern misshandelt oder zur Ehe gezwungen worden seien, einen eigenständigen Aufenthaltstitel erhalten.

Darüber hinaus sprach sich Tanriverdi für die Einrichtung eines Integrationsbeirats aus. Die Verbände sähen darin ein Instrument des ständigen Austauschs. Es genüge nicht, einmal im Jahr ins Kanzleramt zu kommen, ergänzte Phuog Kollath vom Verein vietnamesischstämmiger Migranten aus Rostock. "Wir brauchen ein ständiges Gremium, wo unsere Fragen gehört werden und unsere Arbeit wissenschaftlich begleitet wird", sagte Kollath.

"Hochkarätige Kerngruppe von 15 bis 20 Personen"
Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) hatte sich vor dem Gipfel ebenfalls für einen Bundesintegrationsrat ausgesprochen. Ein Gipfel mit 140 Teilnehmern, die einmal im Jahr im Bundeskanzleramt zusammenkämen, habe mit Sicherheit Signalwirkung, wichtig sei aber ein dauerhaftes Gremium, sagte Laschet dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe). Dabei denke er an eine "hochkarätige Kerngruppe von 15 bis 20 Personen" aus dem Kreis der Gipfelteilnehmer.

Der Bremer Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) schlug hingegen eine nationale Integrationswoche vor. Jährlich sollten rund um den Gedenktag zur Pogromnacht am 9. November bundesweit Veranstaltungen stattfinden, die für eine Gesellschaft ohne Ausgrenzung werben, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung (Donnerstagsausgabe).

Die Grünen bezeichneten die Bilanz der Integrationspolitik der Bundesregierung als dürftig. Beim Integrationsgipfel feiere die Regierung ihr eigenes Versagen, erklärte die Parteivorsitzende Claudia Roth. Der Nationale Integrationsplan lasse gerade die Bereiche aus, in denen es um die Rechte der Migranten und ihre Teilhabe in der demokratischen Gesellschaft gehe.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Fritz Rudolf Körper, kritisierte das Staatsangehörigkeitsrecht. Kinder ausländischer Herkunft erhalten einen deutschen Pass, wenn die Eltern bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Mit der Volljährigkeit müssen sich Betroffenen zwischen der deutschen und ihrer ursprünglichen Staatsangehörigkeit entscheiden (Optionspflicht). Diese Optionsregelung müsse auf den Prüfstand, forderte Körper.

Gemischte Bilanz
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband zog eine gemischte Bilanz.
Die Selbstverpflichtungen im Integrationsplan hätten sich zwar positiv ausgewirkt, aber es fehlten klare Zielvorgaben. "Das erwarte ich für die Zukunft", sagte der Migrationsreferent des Verbands, Harald Löhlein, in einem epd-Gespräch in Berlin. Löhlein kritisierte die Ausklammerung rechtlicher Fragen bei den Integrationsgipfeln. Das sei unsinnig und begrenze die Wirksamkeit des Projekts.

Der Nationale Integrationsgipfel soll den Dialog mit den 15 Millionen Migranten in Deutschland fördern sowie Maßnahmen zur Eingliederung bündeln und ausbauen. Das Gipfeltreffen fand erstmals 2006 statt. Zu den rund 100 Teilnehmern gehören Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden sowie Migrantenverbände, Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen. Der auf dem zweiten Integrationsgipfel 2007 beschlossene "Nationale Integrationsplan" sieht 400 Maßnahmen für eine verbesserte Eingliederung vor.