Benedikt XVI. beginnt sein fünftes Amtsjahr

Höhen und Tiefen im Dienst des Herrn

Eine etwas ruhigere Woche hat sich Papst Benedikt XVI. nach den strapaziösen Osterfeierlichkeiten gegönnt. In der ländlichen Ruhe seines Sommersitzes Castelgandolfo südlich von Rom beging das Kirchenoberhaupt am Donnerstag seinen 82. Geburtstag, wie immer eher still und gemeinsam mit seinem drei Jahre älteren Bruder Georg. Nebenher arbeitete Benedikt XVI. an Reden für die Nahostreise im Mai - eine der schwierigsten Missionen seines Pontifikats, das am Sonntag ins fünfte Jahr geht.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Unterdessen haben sich die Wogen um die Traditionalisten-Affäre gelegt. Im Vatikan ist man guter Hoffnung, dass die Aufhebung der Exkommunikation für die vier Lefebvre-Bischöfe, darunter der Holocaust-Leugner Richard Williamson, den Israelaufenthalt des Papstes weder politisch noch religiös belastet. Alle Beteiligten haben ein Interesse, dass es eine erfolgreiche Reise wird. Benedikt XVI. knüpft hohe Ziele an seinen Besuch in Israel, Jordanien und den Palästinensergebieten. In seiner Osterbotschaft kündigte er an, sich mit Nachdruck für die Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern einzusetzen.

Auf der Ebene des Dialogs mit dem Judentum fanden bereits im Februar und März wichtige informelle Treffen im Vatikan statt. Sie dürften dazu beitragen, dass die Begegnungen des Papstes mit jüdischen Vertretern in Jerusalem frei von falschen Erwartungen oder Befürchtungen verlaufen. Das gilt auch für sensible Punkte wie den Stellenwert des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) - der damals eingeschlagene Dialog-Kurs steht laut dem Papst nicht in Frage - und die Rolle von Papst Pius XII. (1939-58) in der NS-Zeit - sie soll in bilateralen Untersuchungen weiter ausgeleuchtet werden.

Rede vor den Vereinten Nationen
Gleich zum Auftakt seines vierten Amtsjahres im vergangenen April hielt Benedikt XVI. vor den Vereinten Nationen in New York die bislang bedeutendste politische Rede seit seiner Wahl. Darin schwor er die Staatengemeinschaft auf die Beachtung der Menschenrechte und auf Solidarität mit den Opfern der Globalisierung ein. Ebenfalls in den USA zeigte er einen ungewöhnlich offensiven Umgang mit dem brisanten Thema des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker. Nicht zuletzt durch ein Treffen mit Opfern verlieh der Papst seiner Kirche neue Glaubwürdigkeit.

Das gleiche Thema begleitete Benedikt XVI. im Juli nach Australien. Auch hier demonstrierte er in Äußerungen und Gesten am Rande des Weltjugendtags von Sydney Klarheit in der Sache und Sensibilität gegenüber den Opfern. Bei seiner Reise ins laizistische Frankreich im September sorgte hingegen für Schlagzeilen, wie der Papst die Trennung von Kirche Staat neu bestimmte und zugleich eine stärkere öffentliche Rolle der Religion verlangte.

Paulus-Jahr
Einen spirituellen Schwerpunkt setzte Benedikt XVI. mit dem noch bis zum 29. Juni dauernden Paulus-Jahr zum Gedenken an die Geburt des Völkermissionars vor 2.000 Jahren. Dem Leben und der Theologie des Apostels widmete er 20 halbstündige Vorträge während seiner Generalaudienzen - ein Ausdruck dafür, wie sich der Papst um die Festigung der Glaubensfundamente im eigenen Kirchenvolk bemüht. Das gleiche Anliegen bestimmte die Weltbischofssynode im Oktober, die sich um die Bibel im Leben der Kirche drehte.

Im Kontakt mit dem Islam ging es einen Schritt vorwärts: Gut zwei Jahre nach der Regensburger Rede tagte im November im Vatikan das erste katholisch-islamische Forum, das auf Anregung von 138 muslimischen Intellektuellen entstanden war. Den Jahresbeginn überschattete der Streit um die Versöhnungsgeste gegenüber den Traditionalisten. Benedikt XVI. räumte vatikanische Pannen ein. Sein erklärender Brief an die Bischöfe der Welt war auch eine Art Vertrauensfrage: Bitter beklagte er ein "Beißen und Zerreißen" in den eigenen Reihen.

Erstmals absolvierte Benedikt XVI. eine Fahrt nach Afrika; was er in Kamerun und Angola zu politischen und gesellschaftlichen Missständen sagte, wurde vor Ort als pointierte Einlassung registriert - auch die Kondom-Kritik des Papstes fand man in den Gastländern denkbar unaufregend. Anders in Europa: Dort sorgte die Äußerung auf dem Hinflug für Schlagzeilen; der vatikanische Pressestab musste wieder einmal etwas nachbessern.

Dafür gewann Benedikt XVI. in Italien etliche Sympathiepunkte durch sein Agieren nach dem Erdbeben in den Abruzzen: Sein Besuch in der Unglücksregion dürfte ziemlich sicher die erste Dienstreise seines fünften Pontifikatsjahrs werden, noch vor Jordanien und Israel.  Zudem steht im Herbst eine Reise nach Tschechien auf dem Programm. Und auch Berlin rechnet mit einem Besuch von Benedikt XVI. - irgendwann im Lauf seines sechsten Amtsjahres.