Beispiellose Front gegen Brüsseler Erzbischof Leonard

Es rumort in Belgien

Eine Front der Ablehnung hat sich in Belgien gegen den Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Erzbischof Leonard, gebildet. Laut Medienberichten riefen ihn Kirchenzeitungs-Chefredakteure und katholische Laien zum Rücktritt auf. Wegen Leonards jüngster Äußerungen zu Aids ist Anzeige erstattet worden.

 (DR)

Schwere Vorwürfe gegen Leonard

Am Dienstag hatte der Sprecher der Belgischen Bischofskonferenz, Jürgen Mettepenningen, seinen Rücktritt erklärt und dabei schwere Vorwürfe gegen Leonard erhoben. Er verglich den Bischofskonferenz-Vorsitzenden in einer Erklärung mit einem Geisterfahrer auf der Autobahn. Wenn der Fahrer trotz aller Warnungen des Navigationssystems seinen Weg fortsetze und sich gegenüber den dadurch ausgelösten Unfällen blind zeige, sei das Navigationssystem überflüssig, schrieb Mettepenningen in einer Erklärung. Er sprach von einem vollständigen Vertrauensverlust und einer Führungskrise in der belgischen Kirche. Der Antwerpener Bischof Johan Bonny bedauerte Mettepenningens Rücktritt. Er sei ein "mehr als sehr guter" Bischofskonferenz-Sprecher gewesen.



Kritik an Leonard äußerten die Chefredakteure der Kirchenzeitungen im flämischen und französischsprachigen Landesteil. "Kerk en Leven"-Chefredakteur Bert Claerhout sagte, der Erzbischof müsse sich fragen, ob er ein Faktor der Einheit oder der Spaltung sein wolle. "Dimanche"-Chefredakteur Charles Delhez erklärte, die Menschen würden einen Rücktritt Leonards als "Akt des Mutes und des Wissens um seine persönlichen Grenzen" begrüßen.



"Aids-Äußerungen haben Hochschule diskreditiert"

Rund 100 Universitätsprofessoren der Katholischen Universität Löwen verlangten nach Angaben der Zeitung "Le Soir" in einer Petition Leonards Rücktritt als Großkanzler. Seine Äußerungen zu Aids hätten die humanistische Tradition der Hochschule diskreditiert. Auch der frühere Präsident der französischsprachigen Universite Catholique de Louvain, Gabriel Ringlet, forderte den Erzbischof zum Amtsverzicht auf. Leonard hatte zuletzt Aids als Konsequenz von Fehlverhalten bezeichnet und dabei von einer Form "imminenter Gerechtigkeit" gesprochen. Ein Anwalt und sozialistischer Abgeordneter erstattete deswegen jetzt Anzeige wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot.