Beim Werben für den Klimaschutz wird mitunter kräftig gemogelt

Das Grün ist nicht immer echt

Deutsche Verbraucher wollen klimabewusst kaufen. Das gilt seit der Energiewende mehr denn je. Unternehmen reagieren darauf und werben mit "grünen" Produkten. Darunter, so warnen aber Experten, sei so manche Mogelpackung.

Autor/in:
Mirjam Bunjes
 (DR)

Bahnkunden sollen aus TetraPaks trinken. Auf Plakatwänden an Bahnhöfen wird die Einwegverpackung als "1. Klasse beim CO2 Sparen" gepriesen. Nur: "Einweg ist generell deutlich weniger klimafreundlich als Mehrweg, auch wenn TetraPak für ein Trinkpäckchen vergleichsweise gut ist", sagt Toralf Staud. "Es wird an das Öko-Gewissen der Verbraucher appelliert und dabei manipuliert." Die TetraPak-Kampagne ist deshalb beim "Klima-Lügendetektor" des Journalisten gelandet.



Das Projekt des "Greenpeace Magazins" und des Internet-Portal klimaretter.info spürt seit 2008 sogenanntes Greenwashing auf: Produkte, denen ein grünes Image verpasst wurde, das nicht der Realität entspricht. Ein Dutzend Vorschläge schicken Leser pro Woche ein: "Den Deutschen ist Umweltschutz wichtig, da wird dann so manches unökologisches Produkt grüngewaschen."



Die dreisteste Klimalüge kam ihm 2008 unter. Der Energiekonzerns RWE behauptete, neue Braunkohlekraftwerke seien gut fürs Klima. "30 Prozent weniger CO2" solle das "modernste und effizienteste Kohlekraftwerk der Welt" einsparen, in das der Konzern im rheinischen Neurath investiere, versprach der Anzeigentext. "30 Prozent weniger als was?", fragte Staud und deckte auf, dass die neuen Kraftwerksblöcke zwar effizienter sind, die alten aus den 1970er Jahren aber nicht abgeschaltet werden: "Neurath wird also mehr CO2 ausstoßen als vorher. Und geworben wird mit Klimaschutz."



Eine Gratwanderung

Greenpeace hat für Greenwashing vier Kriterien festgelegt: Das schmutzige Kerngeschäft wird hinter grünen Maßnahmen verborgen. In grüne Werbung wird mehr als in den Umweltschutz investiert. Es wird sich grün und sozial gezeigt, hinterrücks jedoch eine "knallharte Lobbypolitik" gefahren, um kontrollierende Gesetzgebung zu verhindern. Oder es wird mit etwas geworben, das gesetzlich vorgeschrieben ist, zum Beispiel "FCKW-frei", obwohl das Gas seit 1995 verboten ist.



Nur: Sollen Unternehmen gar nicht mehr mit grünen Fortschritten werben, weil sie noch nicht alles richtig machen? "Das ist eine Gratwanderung", sagt Staud. Die Gefahr sei, dass die Klimaschutzidee der Konsumenten verwässere: "Klimaschutz durch bewussten Konsum wird als kompliziert wahrgenommen und dann aufgegeben."



Immo Terberg hat 2010 für ein Klimaprojekt der Verbraucherzentralen Reklame für Autos und Elektrogeräte untersucht. Ergebnis: 350 Abmahnverfahren wegen irreführender Werbung und falscher Kennzeichnung des Energieverbrauchs von Elektrogeräten. "Für Verbraucher ist gerade letzteres sehr schwer zu durchschauen", sagt Terborg. Die angemahnte Werbung ist inzwischen verschwunden: "Bloßstellen wirkt. Es kommt aber neues Greenwashing nach."



"Irreführende Werbung ist sowieso strafbar"

Das stößt aber auf immer kritischere Verbraucher, sagt Martin Kreeb von der Uni Hohenheim. Die "Lohas" (Lifstyle of Health and Sustainability) - kritische Verbraucher, die Wert auf Sozial- und Umweltverträglichkeit legen - ließen sich kaum noch durch Greenwashing täuschen, so Kreeb, der für den Fachbereich Umweltmanagement zum Thema forscht. "Sie machen bis zu 30 Prozent der Konsumenten aus und strafen die Unternehmen ab." Durch Konsumstopp. "Für große Unternehmen ist das Risiko für Greenwashing inzwischen zu groß", sagt Kreeb. "Transparenz, auch bei Schwächen, kommt besser an."



Dass es weiter viel grüne Werbung geben wird, steht für alle fest. "Es tut sich ja wirklich etwas in der Produktentwicklung", sagt Kreeb. Auch der Deutsche Werberat warnt seine Mitglieder vor dem Grünfärben. "Irreführende Werbung ist sowieso strafbar", sagt Sprecher Volker Nickel. "Sie schadet in dem Bereich besonders dem Image der Unternehmen." Werbung mit grünen Inhalten sei aber auch ein Weg, den Klimawandel in der Gesellschaft zu fördern.