Bei aller Öffnung Chinas bleibt die Lage der Kirche prekär

Religionsfreiheit gesucht

Der Friedensnobelpreis für Liu Xiabo hat den Blick der Welt wieder einmal auf China gelenkt: Die Volksrepublik bleibt das Land der untergehenden Menschenrechte, so scheint es. Auch wirkliche Religionsfreiheit ist noch immer in weiter Ferne. Doch Chinas Katholiken kämpfen für ihren Glauben.

Autor/in:
Marion Krüger-Hundrup
 (DR)

Auf dem Weg nach Wuyi ist ein mit Baumstämmen beladener Traktor an einer Brückendurchfahrt stecken geblieben. Es bildet sich ein Stau; die Polizei taucht auf. Rasch wechselt Bischof Peter Xinmao Feng seinen Platz im Kleinbus, verbirgt sein Gesicht und steckt sein Brustkreuz in die Hemdtasche. Er will auf keinen Fall erkannt werden.



Für den Bischof könnte es ungemütlich werden, wenn Ausländer mit ihm im Wagen sitzen. Seine Auslandskontakte werden strikt überwacht. Die chinesische Regierung fürchtet unerwünschten Einfluss, auch bei den christlichen Kirchen. Doch der 47-Jährige schert sich wenig um die "ideologische Bedrohung". Herzlich empfängt er die Gäste aus dem Ausland in seinem Bischofshaus in Jingxian, einer 100.000-Einwohner-Stadt in der Provinz Hebei im Nordosten.



In seinem Bistum Hengshui leben etwa 30.000 Katholiken. Sie gehören zur regimenahen, staatlich zugelassenen "Patriotischen Vereinigung". Der Staat erkennt diese als nationale und von äußeren Einflüssen unabhängige Kirche an. Zum Beispiel ernennt die Vereinigung auch Bischöfe ohne Zustimmung des Vatikan. Daneben gibt es Katholiken, die ihren Glauben jenseits behördlicher Kontrolle leben wollen: die sogenannte Untergrundkirche.



Die Untergrundkirche

Trotz zahlreicher Toleranzbekundungen will Chinas Regierung immer noch nicht zulassen, dass chinesische Katholiken den Papst als ihr alleiniges Oberhaupt ansehen und er die Entscheidung über die Weihe chinesischer Bischöfen trifft. Dennoch wurde Bischof Feng 2004 mit Zustimmung des Vatikan geweiht. Denn bis auf wenige Ausnahmen sind auch die meisten "patriotischen" Bischöfe inzwischen vom Papst anerkannt.



Peking nimmt in der nach wie vor strittigen Frage der Bischofsernennungen inzwischen eine pragmatische Haltung ein; man will sich gegenseitig akzeptieren. Die Führung der Kommunistischen Partei bemüht sich um die Einbindung der Bischöfe in den proklamierten Aufbau einer "harmonischen Gesellschaft". Doch für Feng bedeutet das nicht, dass er ohne Druck und Kontrolle sein Amt ausüben kann. Anpassung an den Sozialismus wird verlangt. Er muss an ideologischen Schulungen teilnehmen, alle Kirchen, Kapellen, Gebetsräume, Priester und Ordensschwestern registrieren lassen.



Trotz aller Repressionen weigerte sich Feng jedoch, einen vom Staat ausersehenen Priester ohne Erlaubnis des Vatikan zum Bischof zu weihen. Wo er kann, bemüht er sich, die geforderte Trennung vom Papst als Oberhaupt der Universalkirche zu umgehen. Auf legalem Wege versucht er, das Bestmögliche für seine Gläubigen zu tun. Stets sucht er Freiräume für die Seelsorge und die Verkündigung des Evangeliums.



Besonders in den vergangenen Jahren seien die Zeiten für Chinas Christen sehr schwer gewesen, sagt Feng. Dabei hätten sie sich mit dem Gekreuzigten identifiziert und erkannt, dass Gott auch in schweren Zeiten bei den Menschen sei. Das gibt dem Bischof nach eigenen Worten die Kraft, auch eine Brücke zur Untergrundkirche zu schlagen. Jene weigert sich noch immer, mit der staatlich verordneten "Patriotischen Vereinigung" zusammenzuarbeiten; für die Regierung ist sie schlicht illegal.



"Vorschriften für religiöse Angelegenheiten"

Erst vor Kurzem gliederte der Bischof zwei Untergrundpriester in seinen Klerus ein. In seinem Bistum gebe es keinen Untergrund mehr, sagt er; nur noch einzelne Personen bekennten sich dazu. Etliche Untergrundbischöfe sind entweder in Haft oder stehen unter Hausarrest. Im März 2005 erließ der Staatsrat der Volksrepublik China "Vorschriften für religiöse Angelegenheiten". Sie öffnen Missverständnissen und Missbrauch Tür und Tor. Die Behörden können so gegen nicht registrierte Gruppen und Personen sowie gegen religiöse Aktivitäten vorgehen. Der Druck der staatlichen Organe, sich der Patriotischen Vereinigung anzuschließen, wird stärker. Und tatsächlich öffnen sich zuletzt viele Untergrundgruppen. Dort gibt es Bischöfe, die sich mit Parteiangehörigen zum Essen treffen.



Bischof Feng hat ein Foto gerahmt, das ihn mit Papst Johannes Paul II. zeigt; vor vielen Jahren durfte er nach Europa reisen. Sein jüngster Reiseantrag jedoch wurde trotz Einladung aus Österreich abgelehnt. Bischof Peter Xinmao Feng darf China nicht verlassen.