Warum Kirche die Gaben und Charismen der Frauen braucht

Begründungsbedürftiger Ausschluss

"Begründungsbedürftig ist der Ausschluss an Mitbestimmung und nicht die Teilhabe von Frauen am kirchlichen Leben." Das sagt Prof.in Dr. Dorothea Sattler von der Universität Münster zur aktuellen Debatte um Frauen in kirchlichen Leitungspositionen.

Demonstration während der Frühjahrsvollversammlung der DBK in Lingen / © Friso Gentsch (dpa)
Demonstration während der Frühjahrsvollversammlung der DBK in Lingen / © Friso Gentsch ( dpa )

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DOMRADIO.DE Was bedeutet es in Ihren Augen für das Selbstbild der katholischen Kirche, dass Frauen in Weiheämtern gar nicht vorkommen und auch kaum in den Führungsetagen anderer kirchlicher Institutionen?

Prof.in Dr. Dorothea Sattler (Institutsdirektorin des Ökumenischen Instituts an der Universität Münster): Ich finde das Erscheinungsbild der römisch-katholischen Kirche ist dadurch eingeschränkt. Es wäre schön, wenn die vielen Gaben und Charismen auch von Frauen im Erscheinungsbild der römisch-katholischen Kirche vorkämen.

DOMRADIO.DE Sie sind ja selbst Uni-Professorin, haben es also weit nach oben geschafft, in einem ursprünglich und immer noch von Männern dominierten Berufsfeld. Was ist Ihre persönliche Erfahrung?

Sattler: Es war ein dorniger Weg. Ich war die erste Frau im Bereich der Dogmatik an einer Ausbildungsstätte, an der auch Priesteramtskandidaten studieren. Das war nicht einfach. Aber ich habe damals in meiner Generation - ich bin 1961 geboren - doch auch erlebt, dass zunehmend Frauen in theologische Fachgebiete aufgenommen wurden. Und wir haben auch da schon das Erscheinungsbild an den Fakultäten verändert.

DOMRADIO.DE Tatsächlich sind die wirklich wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche nach wie vor an Weiheämter gebunden. Was heißt das für die Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche?

Sattler: In der Tat bedeutet der kategorische Ausschluss von Frauen aus allen sakramentalen Dienstämtern auch, dass wir nicht partizipieren können. In bestimmten Bereichen schon an der Entscheidungsfindung, aber vor allem auch, wenn es um synodale Entscheidungen geht. Da sind wir ausgeschlossen. Begründungsbedürftig ist dieser Ausschluss und nicht die Teilhabe von Frauen am kirchlichen Leben.

DOMRADIO.DE Der Missbrauchsskandal hat gezeigt, dass dahinter auch systemische Ursachen stecken: Stichwort Klerikalismus. Inwieweit könnte da eine Neubewertung der Rolle von Frauen Abhilfe schaffen?

Sattler: Es sind zwei unterschiedliche Themen. Da besteht möglicherweise auch ein Zusammenhang. Aber da muss man im Urteil sehr vorsichtig sein. Ich finde es wichtig, beide Fragestellungen mit hohem Ernst argumentativ anzugehen. Und zugleich bin ich der Überzeugung, dass die Präsenz von Frauen in Kommunikationsstrukturen der römisch-katholischen Kirche nicht nur äußerlich das Erscheinungsbild verändert, sondern auch die Formen des Miteinanders. Etwa könnte sich durch die Präsenz von Frauen die Bereitschaft zum Zuhören verstärken. Es würde auch mit Sensibilität auf Fragen der Sexualität geblickt.

DOMRADIO.DE: Auf der Frühjahrsvollversammlung haben die deutschen Bischöfe beschlossen, dass sie bis 2023 eine Frauenquote von 30 Prozent in Führungsämtern erreichen wollen. Wie bewerten Sie das?

Sattler: Ich finde das ausgesprochen mutig. Die Bischöfe haben damit ja auch erklärt, dass sie kontrollieren wollen, ob die Ziele erreicht werden. Nach meiner Wahrnehmung ist das deutlich der Weg hin auf eine höhere Präsenz von Frauen.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Prof.in Dr. Dorothea Sattler / © Harald Oppitz (KNA)
Prof.in Dr. Dorothea Sattler / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR
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