Bautzener Pfarrerin zur Lage in der Stadt

Friedenswünsche mit bunter Kreide

Es herrscht Angst und Verunsicherung in Bautzen nach den Krawallen zwischen Flüchtlingen und Rechtsextremen. Um Frieden und Weltoffenheit bemühen sich die Kirchen vor Ort, wie die evangelische Pfarrerin gegenüber domradio.de versicherte.

"Peace", also "Frieden" ist der Wunsch vieler Bautzener / © Arno Burgi (dpa)
"Peace", also "Frieden" ist der Wunsch vieler Bautzener / © Arno Burgi ( dpa )

domradio.de: Frau Heinke-Propst, wie empfinden Sie die aktuelle Stimmung in Bautzen?

Maria Heinke-Probst (Pfarrerin der evangelisch-lutherischen Kirche St. Petri in Bautzen): Die Stimmung ist schon sehr angespannt. Das ist allerdings auch schon seit Wochen so. Rund um den Kornmarkt in der Stadtmitte von Bautzen haben sich ganz verschiedene Gruppen immer wieder getroffen, die sich gegenseitig provoziert haben. Es gibt auch Gruppen, die dafür extra aus einer anderen Region unter dem Stichwort "Der Kornmarkt bleibt deutsch" anreisen. Diese Gruppen wollen alle, die anders aussehen und vor allem Flüchtlinge, aus der Stadtmitte vom Kornmarkt verdrängen. Das hat die Aggressivität in den letzten Wochen sehr nach oben schaukeln lassen.

domradio.de: Warum gibt es denn gerade in Bautzen so eine angespannte Lage?

Heinke-Propst: Das fragen wir uns auch. Dafür haben wir noch keine eindeutige Antwort gefunden. Vielleicht trägt es zu dem Bild der Stadt tatsächlich bei, dass in den vergangenen Wochen von verschiedenen Instanzen her zu sehr zugeschaut wurde. Es wurde wahrscheinlich zu spät eingegriffen. Wir hoffen aber, dass sich das jetzt ändert.

domradio.de: Es wurde ja auch ein Alkoholverbot für Flüchtlinge, aber auch für die Gewaltbereiten aus dem rechten Spektrum gefordert. Was sagen Sie dazu? Würde das etwas ändern?

Heinke-Propst: Das wird schon länger speziell für diesen Platz am Kornmarkt überlegt, bezieht sich aber auf die Allgemeinheit. Das würde vermutlich viel Gewaltpotential dämpfen. Alkohol ist derzeit auf allen Seiten stark im Spiel und das lässt die Hemmschwelle schon sehr rapide sinken. Falls es zu einen Alkoholverbot an diesem Platz kommen sollte, so würde ich das sehr befürworten.

domradio.de: Wie ist die Stimmungslage in Ihrer Gemeinde? Gibt es viele Diskussionen?

Heinke-Propst: Die evangelische und die katholische Gemeinde bestehen aus sehr unterschiedlichen Menschen. Die ganz überwiegende Zahl setzt sich dabei auch auf ganz unterschiedliche Weise mit Sprachunterricht oder mit Patenschaften für die Flüchtlinge ein. Gerade jetzt sieht der Kornmarkt sehr bunt aus. Da sind viele Luftballons angebracht worden und Kinder malen mit Kreide. Damit soll deutlich werden, dass die Mehrheit der Bewohner für ein weltoffenes und buntes Bautzen steht. Es gibt manche, die sich aus verschiedenen Gründen hinsichtlich der großen Veränderungen im Land Sorgen machen. Bei vielen mischt sich auch beides, also der Einsatz für Flüchtlinge paart sich mit diversen Sorgen.

Ganz konkret bangen viele momentan um den sozialen Frieden in unserer Stadt. Als Kirchen thematisieren wir das in unseren Angeboten, in unseren Gottesdiensten und in unseren Gemeindegruppen. Wir halten Kontakt zu den Asylbewerberheimen und laden zu Gemeindefesten und Veranstaltungen ein. Wir sind im Bürgerbündnis "Bautzen bleibt bunt" vertreten. Und ganz konkret als unser eigenes geistliches Angebot verstehen wir die Friedensgebete, die wöchentlich im Dom stattfinden. Dazu wird heute am frühen Abend wieder nach dem Geläut der Glocken eingeladen. Dann versammeln sich katholische und evangelische Christen und beten gemeinsam um den Frieden in der Stadt.

domradio.de: Wie schauen Sie persönlich in die Zukunft?

Heinke-Propst: Das kann ich von meinem eigenen Glauben nicht trennen und da möchte ich die Hoffnung auf Gott setzen und auf Gottes Hilfe bei all dem, was wir versuchen an Friedenspflänzchen zu säen. Ich hoffe, dass wir miteinander weiterkommen werden und hier ein wirklich offenes Bautzen aufbauen können. Zurzeit laufen ja vom 3. September bis zum 3. Oktober die Bautzener Demokratiewochen, in deren Rahmen vielfältige Veranstaltungen stattfinden, die das Sprechen miteinander und den Austausch von Meinungen einüben wollen.

Das Interview führte Milena Furmann.


Quelle:
DR