Bautzener Pfarrer zum Umgang mit Fremdenfeindlichkeit

"Das wichtigste ist das Kennenlernen"

Eine künftige Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Bautzen brennt. Die Umstehenden johlen und stehen der Feuerwehr im Weg. Der katholische Pfarrer von Bautzen, Veit Scapan, nennt diese Situation erschreckend und traurig.

Abgebrannte Flüchtlingsunterkunft in Bautzen / © Oliver Killig (dpa)
Abgebrannte Flüchtlingsunterkunft in Bautzen / © Oliver Killig ( dpa )

domradio.de: Zwei Kilometer von Ihrem Bautzener Dom hat sich dieses Drama abgespielt, über das ganz Deutschland spricht. Wie geht es Ihnen denn damit, dass sich Ihre Mitbürger zu mutmaßlich ausländerfeindlichen Taten hinreißen lassen?

Veit Scapan (Katholischer Pfarrer in Bautzen): Es erschreckt und macht fürchterlich traurig. Diese Tatsache, dass der Name der Stadt so beschmutzt wurde - in kürzester Zeit - ist schon erschreckend.

domradio.de: Man hört im Moment immer wieder: Jede vierte rechte Straftat, die bundesweit begangen wird, findet in Sachsen statt. Haben Sie einen Erklärungsansatz dafür?

Scapan: Überhaupt nicht. Hier in Bautzen, auch in ganz Sachsen, leben Menschen, die sind wohlwollend, angenehm, zuvorkommend, freundlich. Wie es dazu kommt - es bleibt mir verschlossen und ein Rätsel. 

domradio.de: Wie gehen Sie damit um? Verarbeiten Sie so etwas in Gottesdiensten, in Predigten vielleicht? 

Scapan: Auf alle Fälle. In der Predigt am Sonntag konnte ich schon Stellung dazu nehmen. Wir sind aktiv geworden und haben am Sonntag schon eine Mahnwache organisieren können. Ich werde es unter anderem auch in der Katechese in der Grundschule thematisieren. Die Überschrift für diese Fastenzeit heißt 'Respekt'. Und ich denke, dass wir uns auch in unserer Gemeinde noch bewusster und noch stärker der Aktion 'Licht an für Menschlichkeit' anschließen werden und sie noch bekannter machen. Es ist eine Aktion der Diözese und der evangelischen Landeskirche hier in Sachsen.

domradio.de: Es ist natürlich auch ganz oft so, dass sich Übergriffe auf Flüchtlingsheime in den Medien viel schneller verbreiten als wenn sich Bürger für die Flüchtlinge engagieren und sie als neue Nachbarn integrieren. Aber auch in Ihrer Gemeinde setzt man sich natürlich für geflüchtete Menschen ein, oder?

Scapan: Es gibt sehr viele Initiativen. Im Einzugsbereich der Dompfarrei hier in Bautzen gibt es insgesamt drei Unterkünfte für Asylbewerber. Wir sind in allen präsent. Schon Anfang Januar vergangenen Jahres wurde durch sonntägliche Vermeldung zur Mitarbeit aufgerufen. Daraus hat sich eine Gruppe von 17 Personen gebildet, die wöchentlich abwechselnd zum Beispiel Hausaufgabenhilfe und Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten. Wir haben eine Initiative mit der Caritas gemeinsam hier in Bautzen, zweimal im Monat  - 'Küche International' - wo Menschen als aller Welt kochen und miteinander sprechen, also miteinander bekannt werden. Das ist etwas ganz spannendes. Außerdem sind auch persönlich gebundene Patenschaften entstanden. Es werden Fahrten zu Gottesdiensten und zu Ämtern organisiert. Es gibt Hilfe bei der Suche nach Praktika und regulärer Arbeitsmöglichkeit. Und das sind Dinge, die auch gelingen. Sicherlich immer im Kleinen, aber es sind Mosaiksteinchen, die ein großes Bild abrunden. Das wichtigste ist einfach das Kennenlernen. Wir hatten schon zweimal Begegnungstage mit Flüchtlingskindern und Kindern der Gemeinde. Regelmäßig sind auch Kinder aus den Flüchtlingseinrichtungen bei uns im katholischen Kinderhaus, einfach um zu spielen und so miteinander Kontakte zu knüpfen, um das Fremde zu entkräftigen.

domradio.de: Und da gibt es manchmal auch ganz schöne Begegebenheiten, oder? Ich glaube, von einer können Sie uns erzählen.

Scapan: Das mache ich wirklich sehr gerne. Ein Jugendlicher war nach dem Sport im Supermarkt und wollte sich da ein Brötchen und ein Stück Käse kaufen. In dieser Situation stellte er fest: Das Taschengeld reicht nicht aus. Und der Zweite hinter ihm an der Kasse ruft ihm laut zu: 'Du musst nicht bezahlen, ich lege für Dich aus.' Und der, der ausgeholfen hat, war eben ein Asylbewerber, das war ein Fremder.

Das Interview führte Verena Tröster.  


Quelle:
DR