Bartscherer hält Veränderungen in der Kirche für notwendig

"Wir alle sind Kirche"

Über 20 Jahre lang war Hannelore Bartscherer als erste Frau Vorsitzende des Katholikenausschusses der Stadt Köln. Nun wird sie anlässlich ihres 75. Geburtstags von der Stadt geehrt. Wie sieht sie die Entwicklungen in der Kirche?

Hannelore Bartscherer
(Archivbild) (DR)
Hannelore Bartscherer (Archivbild) / ( DR )

DOMRADIO.DE: Sie waren viele Jahre als erste Frau Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln. Die Ehrung findet auch aus Anlass ihres 75. Geburtstages statt. Der ist jetzt vor ein paar Wochen gewesen. Was bedeutet Ihnen dieser Empfang im Rathaus durch die Kölner Oberbürgermeisterin?

Hannelore Bartscherer (Ehemalige Vorsitzende des Katholikenausschusses der Stadt Köln): Als ich diese Einladung zusammen mit der Gratulation bekam, war ich sehr überrascht und habe mich sehr gefreut. Ich fand, das war doch etwas Besonderes. Zugleich mit der Einladung durfte ich auch einige wenige Leute coronakonform benennen, die dann auch von der Oberbürgermeisterin eingeladen wurden. Das habe ich dann gerne gemacht. Dann habe ich mir überlegt, wer alles mit meinem Leben zu tun hat. Einige wenige konnte ich dann benennen. Abgesehen mal von unseren Kindern.

 Henriette Reker mit Hannelore Bartscherer / © Ingo Brüggenjürgen  (DR)
Henriette Reker mit Hannelore Bartscherer / © Ingo Brüggenjürgen ( DR )

DOMRADIO.DE: Als erste Frau waren Sie in Köln Vorsitzende des Katholikenausschusses und haben im Laufe Ihrer Tätigkeit auch mit vielen männlichen Würdenträgern zu tun gehabt. Wie war das denn? War es schwer, sich in dieser männlich geprägten katholischen Kirche Gehör zu verschaffen?

Bartscherer: Ich bin von Anfang an auch von vielen Männern, auch vom Klerus sehr unterstützt worden. Dass ich überhaupt auf die Idee gekommen bin oder dass ich mich überhaupt mit dem Gedanken befasst habe, lag daran, dass der damalige Stadtdechant, Dr. Westhoff, mich irgendwann angerufen hat und gesagt hat: "Wir hätten gerne, dass Sie kandidieren". Das erste, was ich damals gesagt habe, war: "Unmöglich. Das kann ich nicht". Und Westhoff, ein kluger Mann, hat gesagt: "Na, denken Sie doch erst mal drüber nach".

Dann habe ich drüber nachgedacht und habe mit verschiedenen Leuten gesprochen. Dann habe ich mich mal in die Kirche gesetzt und habe versucht mir klar zu werden, ob ich das möchte. Und dann habe ich irgendwann mal ja gesagt und habe es 20 Jahre lang sehr gerne getan.

DOMRADIO.DE: Frauen in der Kirche, ist jetzt auch ein großes Thema im Reformprozess. Was wünschen Sie sich da? Was muss sich da in der katholischen Kirche jetzt bewegen?

Hannelore Bartscherer (Ehemalige Vorsitzende des Katholikenausschusses der Stadt Köln)

"Aus meiner Sicht müssten wir uns erst mal klar werden, was denn Kirche heißt."

Bartscherer: Ich weiß nicht, ob das mit dem Synodalen Weg der richtige Anfang ist. Vielleicht ist es besser, wenn sich der Synodale Weg noch mal ein Stück weit an den Anfang setzt. Aus meiner Sicht müssten wir uns erst mal klar werden, was denn Kirche heißt. Kirche ist nicht der Klerus und Kirche ist nicht die Organisation, die Amtskirche.

Kirche sind alle getauften Menschen, die gemeinsam Kirche bilden. Wir alle sind Kirche. Deswegen kann man aus meiner Sicht auch nicht aus der Kirche austreten. Man kann allenfalls aus dem, ich sage es jetzt mal ein bisschen salopp, "Bezahl-Verein" austreten, aus dieser öffentlich rechtlichen Geschichte. Mitglied der Kirche bleibe ich, wenn ich getauft bin, bis zu meinem Lebensende.

Ich finde, das wäre der allererste Schritt, den wir uns mal klar machen müssen. Das hätte für mich dann auch sofort Konsequenzen in Lenkung, in Leitung, in Verantwortung, in Organisation, mit dem Klerus, mit den Laien, mit Hauptamtlichen und mit Ehrenamtlichen.

Ich glaube, da kann ein neuer Weg entstehen, der auch etwas Neues beginnt. Es geht uns ja um die liebende Botschaft eines großen, guten Gottes, die wir dann vielleicht noch mal anders zu Gehör bringen können.

DOMRADIO.DE: Wenn wir jetzt insbesondere auf die katholische Kirche in Köln blicken, können Sie das inzwischen von außen tun. Die Kirche in Köln befindet sich in einer Krise. Was muss sich aus Ihrer Sicht denn tun, damit hier verlorenes Vertrauen zurückgewonnen werden kann?

Bartscherer: Also, ein "Weiter so" geht nicht. Das verlorene Vertrauen kann nur zurückgewonnen werden, wenn Menschen wahrnehmen, dass etwas Neues beginnt. Wir müssen die Botschaft eines großen liebenden Gottes zu den Menschen bringen. Ich glaube, dass das nötiger ist denn je, und dass es ganz viel Bereitschaft dazu gibt, sich daran zu beteiligen. Aber wir machen im Moment einfach nur die Dinge schwierig.

Dieses "Weiter so", was wir bis jetzt praktizieren, geht nicht. Lenkung, Leitung und Verantwortung: Das muss anders aufgeteilt werden. Das muss anders praktiziert werden.

Es gibt tausend Vorschläge dazu von klugen Leuten, die viel klüger sind als ich, die sich schon jahrelang Gedanken gemacht haben. Lassen wir uns doch einfach mal anfangen, das aufzugreifen und erst mal innezuhalten.

Gestern habe ich überhaupt erst realisiert, dass unser Generalvikar nicht weitermacht (Generalvikar Markus Hofmann gibt dieses Amt zum 30.05.2022 ab, Anm. d. Red.). Heute lese ich, dass es schon einen neuen Namen gibt (Dompropst Guido Assmann wird ab 01.06.2022 neuer Generalvikar, Anm. d. Red.). Vielleicht halten wir mal inne. So sehr ich begrüße, dass wir uns neue Gedanken machen. Aber lasst doch mal ein bisschen Zeit vergehen und miteinander etwas versuchen.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Katholikenausschuss Stadt Köln

Der Katholikenausschuss ist die Vertretung der Katholikinnen und Katholiken in Köln. Er wird von den Pfarrgemeinderäten und den katholischen Verbänden für vier Jahre gewählt und wirkt mit bei der Gestaltung von Kirche, Stadt und Gesellschaft aus dem Geist des Evangeliums. Bereits 1947 gründeten katholische Frauen und Männer der Stadt dieses Gremium. (KA)

Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers ( shutterstock )
Quelle:
DR