Bartholomaios I. warnt vor Nationalismus bei Orthodoxen

"In erster Linie sind wir orthodoxe Christen"

Der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., kritisiert das Wiederaufleben des Nationalismus unter den orthodoxen Nationalkirchen. Sie seien orthodoxe Christen, das Christentum wäre die Grundlage der europäischen Zivilisation.

Papst Franziskus und Ostkirchen-Patriarchen / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Ostkirchen-Patriarchen / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie hat vor einem Eindringen des Nationalismus in die Kirche gewarnt. "In erster Linie sind wir orthodoxe Christen und dann erst Griechen, Russen, Bulgaren, Ukrainer oder sonst etwas", betonte der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., im Interview mit einem australisch-griechischen Radiosender, aus dem die Stiftung "Pro Oriente" an diesem Mittwoch zitiert. Seit dem Fall des Kommunismus sei leider ein Wiederaufleben des Nationalismus aus dem 19. Jahrhundert festzustellen.

Ursprung aller orthodoxen Kirchen in Konstantinopel

Mit Blick auf die jüngeren orthodoxen Nationalkirchen erinnerte Bartholomaios I. daran, dass sie ihre Eigenständigkeit und "gewissermaßen ihre eigene Persönlichkeit" in Konstantinopel gewonnen hätten und nicht aus sich selbst. Leider gebe es "undankbare Kinder", die nicht anerkennen wollten, was sie aus Konstantinopel empfangen hätten: die Taufe, die Kultur, das Alphabet. Die Mutterkirche von Konstantinopel habe sich selbst entäußert, um anderen etwas geben zu können, so der Patriarch: "Sie war, ist und bleibt eine wahre Mutter."

Innerorthodoxe Streitigkeiten

Hintergrund der Äußerungen sind innerorthodoxe Streitigkeiten um die Anerkennung der sogenannten Autokephalie (Eigenständigkeit) durch Konstantinopel. So erkennt die größte orthodoxe Teilkirche in Moskau die jüngst gewährte Unabhängigkeit einer ukrainischen orthodoxen Kirche nicht an; das Patriarchat hat Konstantinopel aus diesem Grund die Kirchengemeinschaft aufgekündigt.

"Christentum die Grundlage der europäischen Zivilisation"

Mit Blick auf die Entwicklungen in Europa sagte der griechisch-orthodoxe Patriarch: "Wir dürfen unsere Wurzeln nicht abschneiden und nie vergessen, dass das Christentum die Grundlage der europäischen Zivilisation ist." Eine scharfe Absage erteilte der Patriarch türkischen Bestrebungen zur Umwidmung der Hagia Sophia in eine Moschee: "Die Hagia Sophia gehört der gesamten Menschheit. Für uns wird sie immer eine historische, traditionsreiche und glorreiche christliche Kirche sein. Wir möchten, dass sie ein Museum bleibt, so dass Besucher aus aller Welt sie weiter bewundern können."

Orthodoxe Kirche

Als orthodoxe Kirche wird die aus dem byzantinischen (Oströmischen) Reich hervorgegangene Kirchenfamilie bezeichnet. Sie besteht je nach Standpunkt aus 14 beziehungsweise 15 selbstständigen ("autokephalen") Landeskirchen. "Orthodox" ist griechisch und bedeutet "rechtgläubig". Trotz großer nationaler Unterschiede und innerer Konflikte versteht sich die Orthodoxie in Bekenntnis und Liturgie als eine einzige Kirche. Ehrenoberhaupt ist der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I. (84).

Christlich-orthodoxes Holzkreuz und Kirche in der Nähe von Kharkiv in der Ukraine / © aquatarkus (shutterstock)
Christlich-orthodoxes Holzkreuz und Kirche in der Nähe von Kharkiv in der Ukraine / © aquatarkus ( shutterstock )
Quelle:
KNA
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