Der Bischof der US-Diözese Winona-Rochester, Robert Barron, hat die katholische Kirche in Deutschland und in der westlichen Welt zu einer grundlegenden Erneuerung aufgerufen. In einem Gastkommentar in einer Beilage der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" betont der Theologe, dass die Kirche vor allem Missionare brauche – und weniger das Vertrauen in bestehende Strukturen. Barron erinnert daran, dass die frühe Kirche ohne Diözesen, Pfarreien oder Krankenhäuser begonnen habe. Entscheidend sei gewesen, dass Frauen und Männer brennend für Christus eintraten und ihn mutig verkündeten.
Angesichts der fortschreitenden Säkularisierung reichten die vielfältigen Institutionen des heutigen katholischen Lebens allein nicht mehr aus, warnt der Bischof. Zwar seien sie keineswegs überflüssig, doch müssten Gläubige prüfen, ob diese Einrichtungen in ihrer aktuellen Form tatsächlich der zentralen Aufgabe der Kirche dienten: der Evangelisierung. Institutionelles Handeln ohne missionarische Ausrichtung drohe ins Leere zu laufen.
Schlüsselfunktion der katholischen Hochschulen
Zugleich misst Barron katholischen Hochschulen und Universitäten eine Schlüsselfunktion bei. Sie könnten nicht nur das Denken in Kirche und Gesellschaft prägen, sondern auch Orte sein, an denen neue evangelisierende Bewegungen entstehen. Die Kirche müsse daher nicht nur Bewährtes am Leben erhalten, sondern neue Räume schaffen, in denen geistliche Tiefe, intellektuelle Schärfe und kirchliche Lebenspraxis überzeugend zusammenfinden.
Mit Blick auf die Kölner Hochschule für katholische Theologie (KHKT) äußert Barron die Hoffnung, sie möge zu einem Zentrum missionarischer Ausbildung werden. Wie die Christen der ersten Generation sollten künftige Absolventinnen und Absolventen fähig sein, selbstbewusst in die Kultur hinauszugehen, Christus persönlich zu bezeugen und Menschen einzuladen, eine lebendige Beziehung zu ihm in der Kirche zu finden.
Barron, der 2025 mit dem Josef-Pieper-Preis ausgezeichnet wurde, sieht darin den Weg zu einer kirchlichen Erneuerung, die – wie er schreibt – "jetzt beginnt". Im Sommer gab es Streit um seine Auszeichnung in Münster, danach hatte Barron scharfe Kritik an deutschen Theologen geübt.
Kardinal Woelki: "Investment in die Zukunft der Kirche in Deutschland"
Kardinal Rainer Maria Woelki sieht in der KHKT ein "Investment in die Zukunft der Kirche in Deutschland". Die 2020 vom Erzbistum Köln von den Steyler Missionaren in Sankt Augustin übernommene Einrichtung stehe in einer nahezu 100-jährigen Tradition und führe den theologischen Schwerpunkt "Mission, Kulturen und Religionen" fort, sagte Woelki im Interview der "Tagespost". Die KHKT sei die einzige Hochschule in Deutschland, die diesen missionarischen Studienschwerpunkt anbiete.
"Vielfalt im Angebot ist für alle akademischen Studien wichtig. Ganz besonders aber in der Theologie", so der Kölner Erzbischof. "Und es ist ja kein weiteres Studienangebot, sondern eines, das aufgrund seiner Besonderheit bewahrt werden konnte." Zugleich sei das einzigartige Profil der Hochschule im Licht der aktuellen kirchlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen noch einmal geschärft worden: "Hierzu gehören das missionarische Profil und eine auf dem Fundament des katholischen Glaubens stehende Auseinandersetzung unter den Kriterien Dialog, Interreligiosität und Interkulturalität."