Banditaccia ist eine der größten Totenstädte der Antike

Grab mit Ausblick

Ganz aus rotem Tuffstein geschlagen, erhebt sich eine antike Stadt über dem Mittelmeer. Es ist eine Stadt der Toten, die Nekropole von Banditaccia nahe Rom. Eines der bedeutendsten Zeugnisse etruskischer Kultur.

Autor/in:
Von Severina Bartonitschek
Tumulusgrab der Etrusker in der Nekropole von Banditaccia / © Severina Bartonitschek (KNA)
Tumulusgrab der Etrusker in der Nekropole von Banditaccia / © Severina Bartonitschek ( KNA )

Es ist eine unscheinbare und verschlungene Straße, in die man nur einbiegt, wenn es das Navigationssystem verlangt. Es duftet nach mächtigen Pinien, die den schmalen Weg in eine Allee verwandeln. Schon vor fast 3.000 Jahren erklommen Menschen dieses Tuffsteinplateau. Vor ihm erstreckt sich das blau glitzernde Mittelmeer. Hier beerdigten sie ihre Verstorbenen - in der Nekropole von Banditaccia, einer der größten Totenstädte der Antike.

Die Ewige Stadt Rom liegt nur etwa 40 Kilometer westlich. Doch es waren nicht die Römer, die ihren Toten diese imposante Stadt bauten. Die Etrusker lebten im heutigen Cerveteri. Von einer ihrer bedeutendsten Städte, Caere, ist nicht mehr viel bekannt, noch weniger übrig. Ihr "Friedhof" aber zählt zum Unesco-Weltkulturerbe.

Monumentale Kuppelbauten, ihre Dächer bedeckt mit Gräsern und Moosen, reihen sich an der über zwei Kilometer langen Hauptstraße der Nekropole aneinander. Fahrrillen im Boden zeugen von offenbar regem Verkehr rund um das Reich der Toten. Insgesamt finden sich auf der etwa zwölf Hektar großen Fläche um die 2.000 Gräber - nur ein Bruchteil dessen, was sich darüber hinaus unterirdisch verbirgt. Rund um den für Besucher aufbereiteten Bereich liegen zahlreiche weitere Grabstätten. Zum Teil sind auch sie zugänglich. Einige werden von Freiwilligen gepflegt, die seit Jahren in der Erde nach weiteren Schätzen graben.

Geheimnisvolle Etrusker

Bedeutend ist die Nekropole besonders, da sie Zeugnis über die geheimnisvollen Etrusker geben kann. Noch vor den Römern besiedelten sie Mittelitalien. Etrurien erstreckte sich über die heutige Toskana, Umbrien und Latium. Die Etrusker lebten von Eisenproduktion und Handel mit landwirtschaftlichen Produkten. Mit den aufstrebenden Römern verschwanden ihre bedeutenden Städte ab circa 300 v. Chr. nach und nach. Ihre Kultur ging in die römische über. Bis heute ist die einstigen Hochkultur in vielen Aspekten unerforscht.

Hinweise auf ihr Leben liefern die Grabstätten. Während die Etrusker ihre Wohnhäuser aus Holz bauten, schlugen sie die Stadt für ihre Toten in den Tuffstein. So überdauerten diese teils aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. stammenden Bauten bis heute. Mit ihren Straßen, Plätzen und unterschiedlichen Gebäuden veranschaulicht die Nekropole das Bild einer etruskischen Stadt. Die Grabbeigaben geben dazu Einblick in die Kunstfertigkeit der Menschen und ihr gesellschaftliches Leben.

Eine angenehme Kühle umgibt einen, steigt man die mitunter vielen, steilen Stufen hinab in die Hügelgräber. Von außen imposant, wirkt es als betrete man nun eine kleine Souterrain-Wohnung. Stühle mit verzierten Lehnen stehen am Eingang für Besucher der Toten bereit. Letztere lagen auf großzügigen steinernen Betten, selbstverständlich mit - wenn auch hartem - Kopfkissen. Über ihnen eine Zimmerdecke, die mit viel Liebe zum Detail Holzbalken nachempfunden ist.

Fundstücke in Vatikanischen Museen

Bis zu vier solcher Wohnungen für die Ewigkeit finden sich in den größten Tumulusgräbern. Alle mit mehreren "Schlafzimmern" ausgestattet, versehen mit Tür und Fenstern. Heute leer, fanden sich bei der Öffnung der Gräber ab Beginn des 19. Jahrhunderts mitunter Schmuck, Waffen, Geschirr und Vasen in den Räumen. Viele der gefunden Stücke sind in den Vatikanischen Museen ausgestellt; ein kleiner Teil im örtlichen Museum von Cerveteri.

Wie in jeder Stadt befinden sich neben den tempelartigen Hügelgräbern des Adels auch kleinere Häuser oder ganze "Wohnheime" für viele Tote in den Straßen der Nekropole. Um die Gräber herum schlängeln sich kleine Wege. Unterschiedliche Details geben immer neue Einblicke in die antike Welt. Dabei unterbricht lediglich das Zirpen der Zikaden die Friedhofsruhe. Neben Eidechsen, Schlangen und Vögeln heute die einzigen Bewohner dieser mächtigen Stadt.

 

Quelle:
KNA