Babyboom in Deutschland hält an

Noch keine Trendwende

Mehr Babys und weniger Tote: 2016 wurden in Deutschland 792.000 Kinder lebend geboren. Dennoch bleibt eine negative Bilanz: Seit 1972 sterben in der Bundesrepublik deutlich mehr Menschen, als Kinder geboren werden.

Autor/in:
Christoph Arens
Geburtenrate gestiegen / © Patrick Pleul (dpa)
Geburtenrate gestiegen / © Patrick Pleul ( dpa )

Der Babyboom in Deutschland hält an. Die Zahl der Geburten ist im Jahr 2016 auf den höchsten Stand seit 1998 gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, wurden im vergangenen Jahr 792.000 Kinder lebend geboren. Das waren 55.000 Neugeborene oder 7,4 Prozent mehr als im Jahr 2015 (738.000).

Zugleich sank die Zahl der Sterbefälle auf 911.000. Das bedeutet einen Rückgang um 1,5 Prozent gegenüber 2015. Damals starben 925.000 Bundesbürger. Auch die Ehe bleibt attraktiv. Die Zahl der Eheschließungen steigt seit 2013. Etwa 410.000 Paare gaben sich 2016 das Ja-Wort, 10.000 oder 2,6 Prozent mehr als 2015.

Strukturelles Geburtendefizit

Trotz dieser Trends bleibt es in der Bundesrepublik aber bei einem strukturellen Geburtendefizit: Seit 1972 sterben jährlich mehr Menschen, als Kinder geboren werden. 2016 lag die Differenz bei 118.000, im Jahr 2015 hatte sie 188.000 betragen. Einen Geburtenüberschuss gab es in Deutschland zuletzt 1971: Damals wurden in ganz Deutschland 1,01 Millionen Kinder geboren bei mehr als 965.000 Sterbefällen. Den höchsten Geburtenüberschuss verzeichnete Deutschland 1964 mit rund 487.000.

Die Statistiker betonen, dass der Anstieg der Geburten und der Rückgang der Sterbefälle im Jahr 2016 nicht bedeuten, dass der demografische Wandel gestoppt ist. "Die durch Jahrzehnte entstandenen Ungleichgewichte in der Altersstruktur der Bevölkerung bleiben bestehen", so das Statistische Bundesamt. So sei derzeit auch nicht vorauszusehen, dass die Zahl der Geburten auf lange Sicht weiter ansteige. Hingegen werde die Zahl der Sterbefälle tendenziell wegen der zunehmenden Alterung der Gesellschaft eher zunehmen.

Geburten-Plus nicht nur durch Zuwanderung

Über die Gründe für die steigenden Geburtenzahlen lässt sich derzeit nur spekulieren. Das Bundesamt verweist darauf, dass lediglich vorläufige Zahlen zur Verfügung stehen; eine Einordnung im Verhältnis zur allgemeinen Bevölkerungsentwicklung sei noch nicht möglich. Klar sei aber, dass das Geburten-Plus nicht nur durch Zuwanderung verursacht werde, sondern auch bei deutschen Eltern zu beobachten sei.

Zugleich dämpfen die Statistiker die Hoffnungen auf eine generelle Trendwende zu mehr Geburten in Deutschland. Zwar ist in den vergangenen Jahren die Geburtenziffer je Frau leicht gestiegen. 2015 erreichte sie mit 1,5 Kindern je Frau den höchsten Stand seit 1982 - und für Gesamtdeutschland den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung. Und auch die endgültige Kinderlosenquote in Deutschland ist in den letzten Jahren nicht weiter angestiegen. Bei Frauen der Jahrgänge 1967 bis 1974 pendelte sie sich zwischen 20 und 21 Prozent ein. Bei Frauen mit akademischer Bildung ging sie sogar zurück.

Mehr Kita-Plätze nötig

Die steigenden Kinderzahlen lassen sich jedoch auch mit der demografischen Entwicklung erklären: Abhängig ist die Geburtenzahl insbesondere von der Zahl der Frauen im Alter zwischen 26 und 35 Jahren. "Seit 2008 hat sich die Frauenzahl in diesem Alter stabilisiert und nimmt sogar zu, was die Geborenenzahl noch einige Jahre positiv beeinflussen könnte", so die Statistiker. Nach 2020 werde die Zahl der Frauen in diesem Alter allerdings voraussichtlich deutlich schrumpfen. Dann könne ein erneutes Geburtentief entstehen.

Fest steht, dass die gestiegenen Geburtenzahlen auch finanzielle Nebenwirkungen haben: So benötigt das Bundesfamilienministerium in diesem Jahr zusätzlich 140 Millionen Euro, damit mehr Vätern und Müttern das Elterngeld ausgezahlt werden kann. Auch andere Bereiche müssen sich auf höhere Ausgaben einstellen: So werden absehbar wieder mehr Plätze in Kitas und Schulen notwendig.


Quelle:
KNA