Prognose zum Weltbevölkerungstag

Rasantes Wachstum erwartet

Es wird enger auf der Erde. Zwar wird laut UN die weltweite Geburtenrate in den kommenden Jahren abnehmen. Dennoch werden bis 2100 mehr als elf Milliarden Menschen auf der Welt leben. Ein Überblick zum Weltbevölkerungstag.

Autor/in:
Christoph Arens
Weltbevölkerung / © Lukas Schulze (dpa)
Weltbevölkerung / © Lukas Schulze ( dpa )

Die Zeit rennt: Jede Sekunde vergrößert sich die orange leuchtende Zahl auf der Weltbevölkerungsuhr vor der Fußballarena in Hannover. Im Oktober 2011 installiert, zeigt sie an, dass derzeit 7,55 Milliarden Menschen auf der Welt leben. Auch in den kommenden Jahrzehnten ist eine große Dynamik zu erwarten, wie die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) am Montag anlässlich des Weltbevölkerungstages am Dienstag mitteilte. Auch wenn sich die Geschwindigkeit der Uhr verringern wird.

Denn inzwischen sinkt die weltweite durchschnittliche Kinderzahl. Während eine Frau zwischen 1990 und 1995 im Durchschnitt noch drei Kinder zur Welt brachte, sind es heute nur noch 2,5. Trotzdem aber wächst die Weltbevölkerung jede Minute um 157 Menschen. Jedes Jahr kommen mehr als 80 Millionen hinzu. Nach neuen Vorausberechnungen der Vereinten Nationen werden 2050 rund 9,8 Milliarden Menschen auf dem blauen Planeten leben, 2100 könnten es sogar 11,2 Milliarden werden. Es wird enger auf der Erde.

Indien verdrängt China

Wer die Grafiken der DSW betrachtet, sieht beeindruckende Verschiebungen: Indien wird China bis 2024 als bevölkerungsreichstes Land der Erde ablösen. Während Chinas Bevölkerung altert und von 1,4 auf 1,36 Milliarden zurückgeht, wird Indiens Einwohnerzahl von 1,34 Milliarden auf 1,66 Milliarden ansteigen. Bis 2050 dürfte Nigeria die USA als Land mit der drittgrößten Bevölkerung der Welt verdrängen.

Ein wichtiger Faktor des Bevölkerungswachstums ist die steigende Lebenserwartung. Die Zahl der Menschen über 60 Jahre wird sich laut den UN-Schätzungen von heute knapp einer Milliarde auf 3,1 Milliarden im Jahr 2100 mehr als verdreifachen. Möglich ist das vor allem durch den medizinischen Fortschritt.

Wachstum in den ärmsten Ländern

Zugleich wird deutlich: Die Weltbevölkerung wächst fast ausschließlich in den 47 ärmsten Ländern der Welt. Der Anteil Afrikas wird drastisch zunehmen. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden wies am Montag darauf hin, dass die afrikanischen Länder südlich der Sahara damit vor einer epochalen demografischen Herausforderung stünden: Bis 2050 wird sich die Bevölkerung dort von heute eine Milliarde Menschen in etwa verdoppeln. Bis zum Ende des Jahrhunderts ist mit einer weiteren Vervielfachung auf dann 4 Milliarden Menschen zu rechnen.

"Ohne einen markanten Rückgang der Fertilität, die heute im südlichen Afrika noch bei 4,8 Kindern je Frau liegt, wird das Bevölkerungswachstum sogar noch höher ausfallen", prognostiziert Frank Swiaczny vom BiB. Nur wenn das Bevölkerungswachstum verlangsamt werde, ließen sich die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erreichen.

Verbesserte Angebote zu Aufklärung und Familienplanung gefordert

Bevölkerungsforscher und Hilfsorganisationen fordern deshalb verbesserte Angebote zu Aufklärung und Familienplanung. Und sind in diesem Jahr besonders alarmiert, weil die USA angekündigt haben, sich aus der Finanzierung der Familienplanungsprogramme zurückzuziehen - als derzeit größter Geber würden sie damit ein große Lücke hinterlassen. "Es ist bedauerlich, dass vor allem Frauen in Afrika südlich der Sahara, wo die Bevölkerung besonders stark wächst, mehr Kinder bekommen als sie möchten", sagte DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr.

"Dort kann nur jede zweite Frau, die eine Schwangerschaft verhüten möchte, das auch tun." Laut DSW sind in Entwicklungsländern 89 Millionen oder 43 Prozent aller Schwangerschaften ungewollt. Auch Swiaczny forderte verbesserte Angebote zu Aufklärung und Familienplanung. Außerdem müsse die gesellschaftliche Stellung der Frauen gestärkt und ihre Gesundheitsversorgung deutlich verbessert werden, um den Teufelskreis von Armut und Bevölkerungswachstum zu durchbrechen.

Es geht um Schulen, Krankenhäuser und gesellschaftliche Veränderungen: Die SOS-Kinderdörfer etwa drängten am Montag auf ein Verbot der Kinderehe. In Ländern wie Niger könnte die Geburtenrate um bis zu 18 Prozent gesenkt werden, wenn Mädchen dort nicht mehr minderjährig zu Bräuten würden, so die Hilfsorganisation. Derzeit würden in dem westafrikanischen Land rund 77 Prozent der Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. In Entwicklungsländern sei es jede dritte Frau.


Quelle:
KNA