Ausstellung über Vodou-Religion in Haiti

Geheimkult mit vielen Wurzeln

Die schwarze Madonna mit dem Kind ist umgeben von einem Wirrwarr aus Gaben und Symbolen verschiedener Kulturen. Whisky-Flaschen finden sich auf dem Altar ebenso wie indianische Schlangen und christliche Heilige. Nur eines der Exponate der Berliner Ausstellung über die Vodou-Religion in Haiti.

Autor/in:
Inge Pett
 (DR)

"Bis 1991 war der Vodou in Haiti illegal", erklärt die haitianische Völkerkundlerin Rachel Beauvoir-Dominique. "Die christlichen Attribute boten jedoch eine willkommene Tarnung für die Religionsausübung." Da im Vodou-Glauben Gott eine Frau sei, die von 401 Geistern repräsentiert werde, habe sich die christliche Gottesmutter Maria für die zentrale Position auf dem Altar geradezu angeboten. "Jeder Vodou-Tempel ist auch ein Museum", erläutert Beauvoir-Dominique, die selbst als Vodou-Priesterin tätig ist.

Zwar gehören heute rund 80 Prozent der 8,5 Millionen Einwohner des karibischen Inselstaates offiziell der katholischen Kirche an, bis zu 90 Prozent von ihnen aber glauben gleichzeitig an die Geister des auf afrikanische Wurzeln zurückgehende Vodou. Rund 350 Exponate vor allem der Geheimgesellschaft "Bizango" sind in der Ausstellung zu sehen. "Das ist eine Sensation", betont Richard Haas, Vizedirektor des Ethnologischen Museums. Normalerweise dürften nur eingeweihte Mitglieder diese Kultgegenstände sehen.

Schweizer Hüterin der Kultur
Die in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince lebende Schweizerin Marianne Lehmann hat die Objekte in den vergangenen 30 Jahren gesammelt. Es begann damit, dass ein Vodou-Priester der Konsulatsmitarbeiterin eine Skulptur zum Kauf anbot, um aus dem Erlös die Operation seiner Mutter zu finanzieren. Die heute 73-Jährige bekennt, sofort von der Energie der kleinen Figur mit Hörnern und Pfeife fasziniert gewesen zu sein.

Zunächst hatte Lehmann aber Skrupel, das sakrale Objekt anzunehmen. Den Ausschlag gab dann das Vertrauen von Haitianern, die ihre kulturellen Schätze bei ihr in guten Händen wussten. Immer mehr Kaufangebote kamen - inzwischen zählt die Sammlung etwa 3.000 Objekte. Es sind Trommeln, Flaggen, magische Pakete und wertvolle Spiegel - teils aus der Kolonialzeit -, mit denen die Vodou-Priester Kontakt zur Geisterwelt aufnehmen wollen.

Obwohl Lehmann selbst nie in den Vodou-Kult eingeführt wurde, sieht sie sich als Hüterin dieser Kultur. Trotz schlechter Unterbringung hat ihre Sammlung das verheerende Erdbeben vom Januar fast schadlos überstanden. Nun ist ein Kulturzentrum in Haiti geplant, das mit einem Teil der in der Wanderausstellung eingenommenen Eintrittsgelder finanziert werden soll.

Keine leichte Kost
Die Ausstellung, die seit diesem Dienstag im Ethnologischen Museum Berlin-Dahlem zu sehen ist, bietet einen Einblick in eine fremde und zugleich faszinierende Kultur, ist aber beileibe keine leichte Kost. Zwar sind die aus Hollywood-Filmen bekannten Klischeebilder von Zombies, die Gräbern entsteigen, und zerstochenen Puppen weit von der Realität entfernt. Gleichwohl ist der Vodou eine Religion, die sich dunkler Kräfte bedient. Gegenstände lassen sich nach diesem Glauben mit Energie aufladen, den Seelen von Widersachern kann mittels Gift und schwarzer Magie Schaden zugefügt werden.

In der Geschichte Haitis war der Vodou auch eine politische Geheimgesellschaft, die die Befreiungsbewegung der Sklaven anfachte. Mit Totenschädeln, Arm- und Beinstümpfen und gezückten Waffen zeugen einige der ausgestellten lebensgroßen Figuren vom brutalen Unabhängigkeitskampf des Inselstaates.