Theologin Nothelle-Wildfeuer gegen Sonderstellung

Ausgrenzung Nicht-Geimpfter unbedingt vermeiden

Die katholische Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer ist gegen eine pauschale Aufhebung der Corona-Auflagen und -Einschränkungen für Geimpfte. Nicht-Geimpfte würden dadurch sonst diskriminiert werden.

Impfzentrum Köln / © Marius Becker (dpa)
Impfzentrum Köln / © Marius Becker ( dpa )

Ein Aufhebung der Einschränkungen bedeute eine Benachteiligung von Nicht-Geimpften, die durch die Impforganisation und den knappen Impfstoff bislang keine Chance auf eine Impfung hätten. "Eine Ausgrenzung von Personen, die für ihren Status keinerlei Schuld trifft, muss unbedingt vermieden werden", sagte die Sozialethikerin Nothelle-Wildfeuer bei einer Online-Diskussion der Katholischen Akademie Freiburg.

"Zweiklassengesellschaft" vermeiden

Eine Rückgabe von Freiheitsrechten führe zu einer "Zweiklassengesellschaft" und gefährde den sozialen Frieden, argumentierte Nothelle-Wildfeuer. Auch ginge die gesellschaftliche Akzeptanz für die Impfstrategie verloren. Ausnahmen sieht die Theologin nur bei Alteneinrichtungen, die wieder stärker zum normalen Leben zurückkehren sollten, wenn alle Bewohner und Pflegekräfte geimpft sind.

Gefährdung der Solidarität

Die aktuelle Impfpolitik versuche, den Schutz besonders verletzlicher und gefährdeter Gruppen sowie das Ziel einer schnellen Eindämmung der Pandemie in Balance zu bringen, so die Theologin. Grundlage dafür sei ein "stillschweigender, solidarischer Gesellschaftsvertrag". Wenn nun Geimpfte mehr Freiheiten erhielten, werde diese Solidarität aufgekündigt.

Nothelle-Wildfeuer plädierte dafür, Einschränkungen der Grundrechte erst dann aufzuheben, wenn nahezu alle Impfwilligen eine Chance auf eine Impfung erhalten haben. "In einer solchen Solidarität zeigt sich die Humanität einer Gesellschaft."

Aufhebung der Patente

Ihrer Einschätzung zufolge ist bisher gelungen, trotz Schwierigkeiten und "Gerechtigkeitslücken" den knappen Impfstoff weitgehend gerecht zu verteilen und zu verimpfen. Zugleich müssten Fehler und Probleme entschlossener angegangen werden. Einerseits gehe es darum, die Impfstoffproduktion zu steigern und die Aufhebung von Patenten zu diskutieren.

Andererseits sollten nicht alle Entscheidungen zentral und bürokratisch getroffen werden, sagte Nothelle-Wildfeuer. "Im Sinne der Subsidiarität gehört dazu, vor Ort und beispielsweise den Hausärzten mehr Verantwortung zuzutrauen."

 

Ursula Nothelle-Wildfeuer, Professorin für Praktische Theologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, März 2021 / © Harald Oppitz (KNA)
Ursula Nothelle-Wildfeuer, Professorin für Praktische Theologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, März 2021 / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA