Ausblick auf die ZdK-Vollversammlung in München

"Wirksam leben und verkündigen"

Die Skandale um sexualisierte Gewalt sind ein Thema der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken in München, die an diesem Freitag beginnt. Was noch so auf der Agenda steht, weiß Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Logo des Zdk (Archiv) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Zdk (Archiv) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was erwartet denn die 230 Delegierten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) bei ihrem Treffen?

Ingo Brüggenjürgen / © Harald Oppitz (KNA)
Ingo Brüggenjürgen / © Harald Oppitz ( KNA )

Ingo Brüggenjürgen (Chefredakteur DOMRADIO.DE): Zunächst einmal erwartet die Delegierten eine volle Tagesordnung. Es geht am Morgen mit einem Grußwort des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder los. Der CSU-Vorsitzende lässt es sich nicht nehmen, dieses Grußwort zu sprechen.

Jetzt kann man sagen, dass er im Wahlkampfmodus ist. Aber es zeigt doch, dass die Kirchen noch eine Bedeutung haben, sonst wäre der bayerische Ministerpräsident garantiert nicht dabei.

Es gibt eine Tagesordnung, die vom aktuellen Bericht des Präsidiums über die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs bis hin zum Gebet für den Frieden geht. Viele verschiedene Themen sind dabei.

Gerade bei der Aufarbeitung des Missbrauchs muss man berücksichtigen, dass in den vergangenen Monaten die Berichte im Bistum Mainz und auch im Erzbistum Freiburg vorgelegt wurden.

Man darf gespannt sein, wie die Laien darauf reagieren. Denn in den besagten Bistümern saßen ja die ehemaligen Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann und Erzbischof Zollitsch auf den Bischofsstühlen.

Wir wissen, dass da nicht alles so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen.

DOMRADIO.DE: Wo liegen denn die Schwerpunkte an diesem Freitag und am Samstag? Ein Thema wird sicherlich die Frage sein, wie es mit dem Synodalen Weg in Deutschland weitergehen wird, der eigentlich abgeschlossen ist.

Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner (SW)
Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner ( SW )

Brüggenjürgen: Ja, das ist die Frage, wie und ob er wirklich abgeschlossen ist. Die Delegierten des Synodalen Weges haben sich bei ihrer fünften Vollversammlung in Frankfurt mit überwiegender Mehrheit dazu entschieden, mit dem synodalen Ausschuss weiter zu machen, der einen synodalen Rat vorbereiten soll.

Aber es wurden in der Zwischenzeit immer wieder Stoppschilder vom Vatikan und vom Papst selber rausgeholt. Dort wurde deutlich gemacht, dass das so alles nicht gehe.

Deshalb wird man hier ganz gespannt beobachten, wie die Laien mit diesen Stoppschildern aus Rom umgehen.

Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Laien auf diese Stoppschilder nicht groß einlassen, sondern sagen, dass dennoch etwas passieren müsse und man mit den reformwilligen Bischöfen weitergehen müsse.

Spannend wird die Frage sein, wie die Handvoll Bischöfe, die sich querlegen und die im Grunde dem Synodalen Weg überhaupt nichts abgewinnen können, reagieren. Denn diese Bischöfe haben, wenn es um die Finanzierung des weiteren Weges geht, ein Mitbestimmungsrecht. Sie können, weil Einstimmigkeit gefordert ist, hier viel blockieren.

DOMRADIO.DE: Spielt das Thema Frieden denn in diesen unruhigen Kriegszeiten auch eine Rolle auf der Vollversammlung?

Fahne des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Fahne des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Brüggenjürgen: Da kommen Christen nicht umhin, wenn sie in diesen Tagen zusammenkommen. Ich finde das gut. Am Freitagmorgen gibt es einen großen Tagesordnungspunkt, bei dem man sich nochmal die Friedensethik vornehmen wird. Das ist den Delegierten wichtig.

Hier gibt es eine Bandbreite verschiedener Stimmen. Ich habe gestern Abend in den Diskussionen radikale Pazifisten gehört, die sagen, was da gerade alles passiert, gehe doch nicht. Es geht aber bis hin zu den pragmatischen Stimmen, die sagen, dass Waffen geliefert werden müssen, anders könne man dem Aggressor Putin nicht Herr werden.

Die Diskussion, wie wir sie in der Gesellschaft haben, findet auch unter den Christen statt. Deshalb ist gut, dass das Thema hier diskutiert wird.

Es wird aber nicht nur diskutiert, sondern auch gebetet. Am Freitagabend gibt es ein Friedensgebet mit einem ukrainischen Chor und mit der Friedensgemeinschaft Sant'Egidio aus Rom. Von daher machen die Delegierten, glaube ich, einen guten Job.

Ingo Brüggenjürgen, Chefredakteur DOMRADIO.DE

"Mein Eindruck ist, dass die Laien selbstbewusster sind. Sie treten klarer auf mit ihren Forderungen und ihren Aussagen."

DOMRADIO.DE: Hat sich in all den Jahren etwas bei den Treffen der Laien verändert?

 Irme Stetter-Karp und Georg Bätzing / © Julia Steinbrecht (KNA)
Irme Stetter-Karp und Georg Bätzing / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Brüggenjürgen: Ich denke schon. Mein Eindruck ist, dass die Laien selbstbewusster sind. Sie treten mit ihren Forderungen und ihren Aussagen klarer auf.

Früher hat man zumindest auf die Bischöfe geschielt, auf deren Voten. In dem Maße, wie die Bischöfe bei der Aufarbeitung des Missbrauchs versagt haben oder unzureichend geliefert haben, sind die Laien einfach mehr in die Lücke gegangen, haben Verantwortung übernommen.

Sie zeigen, dass Christsein nicht bedeutet, dass man sich irgendwo hinter Priestern und Bischöfen verstecken kann. Man ist selber getauft, selber gefirmt und muss selber das Evangelium in die Hand nehmen, wirksam leben und verkündigen. Das machen die Laien als oberste Vertretung sehr deutlich.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist das höchste repräsentative Gremium des deutschen Laien-Katholizismus. Es vertritt die katholischen Laien bei der gesellschaftlichen Meinungsbildung und ist das von der Bischofskonferenz anerkannte Organ zur Koordinierung des Laienengagements in der Kirche. Allerdings melden sich immer wieder auch einige katholische Laien und Vereinigungen zu Wort, die das ZdK nicht als ihre Vertretung verstehen.

Das Kreuz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)  / © Harald Oppitz (KNA)
Das Kreuz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR