Ausbilder sieht Diakone nicht in der zweiten Reihe stehen

"Seelsorge passiert durch konkrete Menschen"

Frank Zielinski bildet ständige Diakone aus. Zu ihm kommen Landwirte, Ingenieure und Versicherungsmakler. Alle haben eins gemein: Sie hören einen Ruf Gottes, dem sie folgen wollen. Sollten auch Frauen diese Chance bekommen?

Symbolbild Diakonenweihe im Kölner Dom / © Henning Schoon (Erzbistum Köln)
Symbolbild Diakonenweihe im Kölner Dom / © Henning Schoon ( Erzbistum Köln )

Dies ist ein Auszug aus der aktuellen Folge des Podcasts "Himmelklar". Das komplette Gespräch zum Anhören gibt es hier:

Himmelklar: Herr Zielinski, die Bezeichnung Diakon stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Helfer" oder "Diener". Es ist also ein Dienst der Nächstenliebe und der Verkündigung. Ein Dienst, der in zweiter Reihe bleibt. Ist das ein demütiger Dienst?

 © privat
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Frank Zielinski (Leiter des Erzbischöflichen Diakoneninstituts in Köln): Ich glaube tatsächlich, dass der Dienst des Diakons ein Dienst ist, der versucht, andere Menschen groß zu machen. Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – klein gehalten werden oder klein gehalten sind oder sich klein fühlen.

Ich glaube, da hat der Diakon die Aufgabe, von unten quasi den Leuten Würde zu vermitteln und ihnen Mut zuzusprechen. Es geht aber nicht um eine Eitelkeit und eine Selbstdarstellung, sondern es geht um den ganz konkreten Dienst an den Menschen. So verstanden passt für mich das Wort demütig.

Himmelklar: Das ist, habe ich das Gefühl, ja auch Ihr Leitmotiv. An anderer Stelle haben Sie mal gesagt, es gehe darum, die Menschen zu fragen, was sie brauchen, und nicht zu denken, man wüsste schon, was hilft.

Zielinski: Ja, das ist für mich aus der Perikope, wo Jesus den blinden Bartimäus heilt. Jesus heilt diesen offensichtlich blinden Bettler nicht einfach oder tut ihm irgendwie etwas im Guten Gemeintes, sondern er fragt ihn, was er braucht.

Das ist für mich der Schlüssel: Nicht zu wissen, was der andere braucht, sondern mit ihm auf Augenhöhe zu gehen und ihn zu fragen: Was brauchst du eigentlich? Und dann gilt es, mit ihm auszuhandeln: Kann ich das für dich tun? Geht das miteinander oder braucht das jemand anderes? Die Offenheit ist da mit drin. Das heißt nicht, den Leuten alles nur zu tun, was sie sich gerade wünschen. Ich muss es erstmal hören.

Himmelklar: Geben die heutigen Kirchenstrukturen das denn noch her? Oder anders gefragt: Bekommt der Diakon meiner Gemeinde überhaupt mit, wenn ich in einer Notsituation bin?

Zielinski: Das ist insofern eine schwierige Frage, als dass natürlich durch die immer größer werdenden Zuschnitte von pastoralen Einheiten die persönliche Seelsorge nicht mehr so funktioniert, wie wir das früher gewohnt waren oder wie wir das auch als Idealbild, etwa aus den 1950er- und 1960er-Jahren, kennen.  

Frank Zielinski

"Heute kann ich nicht mit 50.000 Menschen so in Kontakt sein, wie das früher in der Gemeinde mit 1.000 Leuten der Fall war."

Heute kann ich nicht mit 50.000 Menschen so in Kontakt sein, wie das früher in der Gemeinde mit 1.000 Leuten der Fall war. Aber für die Menschen, denen ich in den ganz unterschiedlichen Bezügen begegne, etwa bei der Vorbereitung von Taufen, von Hochzeiten, gerade auch bei Beerdigungen oder auch für die Menschen, mit denen ich in einem Quartier zusammen lebe, für die möchte ich ansprechbar sein. Dann geht auch ganz viel.

Ich glaube, Seelsorge passiert nicht durch die Struktur, sondern Seelsorge passiert durch konkrete Menschen. Da ist es wichtig auch zu begreifen, dass das nicht nur eine Aufgabe von Hauptamtlichen ist, füreinander zu sorgen.

Die christliche Gemeinde ist gerufen und gesendet, füreinander und miteinander in dieser Welt Zeugnis zu geben von einem liebenden Gott. Das gilt für alle Menschen, mit denen wir leben. Auch diejenigen, die nicht kirchlich sind: Muslime, Atheisten. Mit denen zusammen gilt es zu schauen: Wie kann das Leben gelingen?

Himmelklar: Das erzählen Sie mit glänzenden Augen.

Zielinski: Ja, weil ich dafür brenne.

Himmelklar: Wer bewirbt sich bei Ihnen?

Zielinski: Wir haben einen Landwirt in der Ausbildung und einen Versicherungsmakler oder einen Ingenieur. Das sind ganz unterschiedliche Menschen und meine Aufgabe ist deshalb wunderschön, weil ich dem Heiligen Geist bei der Arbeit zugucken darf.

Frank Zielinski

"Meine Aufgabe ist deshalb wunderschön, weil ich dem Heiligen Geist bei der Arbeit zugucken darf."

Ich finde es unglaublich spannend, wie Gott Menschen ruft und sie motiviert sich in seinen Dienst hinein zu geben und mit diesen Menschen schauen wir dann: Ist das was für Dich? Ist es das, was Gott mit deinem Leben vorhat?

Himmelklar: Ich erlebe Sie so, dass Sie nicht der Typ sind, der sagt: Das haben wir immer schon so gemacht. Ist das Thema "Frauen als Diakoninnen" etwas, was Sie beschäftigt?

Zielinski: Da bin ich nicht die entscheidende Person, sondern das ist eine Entscheidung, die die Weltkirche zu treffen hat. Das Thema Frauen und Amt ist insofern diffizil, als dass eine Öffnung nur des Diakonats für die Frauen von der inneren Logik des Amtes nicht gedacht werden kann. Wenn die Kirche sich also dazu entscheidet, Frauen zu weihen, dann muss sie sie prinzipiell auch für alle Ämter weihen können.

Der Diakonat ist mit dem Priestertum an das Amt des Bischofs angedockt und angebunden mit einer jeweils eigenen Akzentsetzung. Da macht es keinen Sinn, nur einen Bereich herauszugreifen. Also wenn die Kirche sich entscheidet – und ich glaube, das ist auch der Grund, warum sich die Kirche so schwer damit tut, darum zu ringen, dann muss man die Weihe für Frauen für alle Ämter in der Kirche öffnen.

Himmelklar: Wobei sich die Struktur ja schon verändert hat. Heute ist das Ständige Diakonat keine Vorstufe mehr zum Priester, sondern es ist ein Diakonat auf Lebenszeit.

Zielinski: Ja, weil in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils, wo diese Frage von der Kirche neu entschieden worden ist, das Bewusstsein dafür da war, dass es diesen Dienst in besonderer Weise und als besonderes Profil in der Kirche braucht.

Dann hat man geschaut, welche Menschen denn einen solchen Dienst übernehmen können. Dann hat man sich auch entschieden, zum Beispiel verheiratete Männer zu Diakonen zu weihen. Das schließt nicht aus, dass auch Unverheiratete weiter zu Diakonen geweiht werden können. Und bis heute ist es ja auch so, dass jeder, der zum Priester geweiht wird, vorher auch erst mal zum Diakon geweiht wird.

Der ständige Diakonat ist noch einmal ein besonderes Zeichen dafür, was auch Aufgabe von Kirche ist. Nicht nur die priesterliche Hirtensorge in Vertretung des Bischofs, sondern eben auch der tätige Dienst der Nächstenliebe – auch im Auftrag des Bischofs für die Menschen da zu sein in der Nachfolge Jesu Christi.

Himmelklar: Aber auch in dieser Struktur bleiben die Frauen außen vor ...

Zielinski: Das ist derzeit so, und das ist eine Frage, die faktisch weiter diskutiert werden wird. Da werden wir als Kirche niemals den Riegel vorschieben können, weil es eine Frage ist, die die Menschen bewegt. Insofern ist es notwendig, darüber zu sprechen, welche Argumente dafür und welche dagegen sprechen. Auch biblisch gesehen gibt es da sehr unterschiedliche Befunde, die diskutiert werden.

Ich glaube, Kirche muss schon gut begründen, warum sie bestimmte Menschen für bestimmte Aufgaben für geeignet hält und warum sie bestimmte Menschen für bestimmte Aufgaben auch für nicht geeignet hält.
Ob das rein am Geschlecht festgemacht werden kann, das ist im Moment eine große Diskussion.

Himmelklar: Sehen Sie in Zukunft, noch während Ihrer Amtszeit, die Möglichkeit, dass meine Bewerbung bei Ihnen auf dem Tisch landet?

Zielinski: Da wage ich keine Prognose ehrlicherweise. Da kann ich Ihnen keine Prognose zu geben, das weiß ich nicht.

Das Interview führte Verena Tröster.

Himmelklar: Der katholische Podcast

Kirche? Was hat die mir im 21. Jahrhundert überhaupt noch zu sagen? Viel. Schönes wie Schlechtes, Relevantes wie Banales, Lustiges und Wichtiges. Wir stellen euch jede Woche Menschen vor, die heute Kirche bewegen. Bischöfe, Politiker, Promis und Laien – Wir reden mit den Menschen aus Kirche und Gesellschaft, über die die katholische Welt spricht und fragen sie: Was bringt euch Hoffnung?

Himmelklar (DR)
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