Bischof Wilmer hält Hildesheimer Friedensrede

"Aufstehen, beistehen, hinstehen"

76 Jahre nach der Zerstörung der Hildesheimer Innenstadt im Zweiten Weltkrieg hat der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer zum Kampf gegen Antisemitismus aufgerufen und dabei Verschwörungstheorien der Quer-Denker scharf kritisiert.

Bischof Heiner Wilmer während einer Rede / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Heiner Wilmer während einer Rede / © Harald Oppitz ( KNA )

"Wir müssen für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger aufstehen, ihnen beistehen und für sie hinstehen. Es darf in Deutschland keinen Antisemitismus geben", sagte Wilmer am Montag in seiner Rede bei einer digitalen Veranstaltung zum Hildesheimer Friedenstag in der Bürgerkirche Sankt Andreas. Sie fand wegen der Corona-Pandemie ohne Publikum statt, wurde jedoch live im Internet übertragen.

22. März steht für den absoluten Vernichtungswillen

Die Zeit des Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg hätten unendliches Leid über das jüdische Volk gebracht, so Wilmer laut Redemanuskript. "Und jetzt kommen wieder Verschwörungstheorien an die Oberfläche, von denen wir gehofft hatten, sie seien für immer ausgerottet."

Es sei unsäglich, dass Juden in Quer-Denker-Demonstrationen für die Pandemie verantwortlich gemacht würden, erklärte er in seiner Rede. Zuvor hatten gegen 13.10 Uhr, dem Zeitpunkt des Bombardements am 22. März 1945, die Kirchenglocken der Stadt geläutet.

Der 22. März stehe in Hildesheim vor allem für den absoluten Vernichtungswillen, der von Deutschland ausging und sich später gegen Deutschland richtete. Aber die Vernichtung habe nicht das letzte Wort.

"Es gibt - Gottlob - viele Beispiele konstruktiven Verhaltens als Gegenentwurf zur zerstörerischen Seite des menschlichen Wesens", sagte Wilmer und verwies auf den Engländer Thomas Moore alias "Captain Tom", der anlässlich seines 100. Geburtstags mit seinem Rollator rund 32 Millionen Pfund für das britische Gesundheitssystem zur Corona-Bekämpfung gesammelt hatte. "Es berührt mich sehr zu sehen, in welcher beeindruckenden Weise Sir Thomas Moore seinen Altersgenossen beigestanden ist."

Friedenspreis an Hilfsorganisation "Arbeit und Dritte Welt"

Der Hildesheimer Oberbürgermeister Ingo Meyer (parteilos) überreichte den mit 2.000 Euro dotierte Friedenspreis an den Verein "Arbeit und Dritte Welt", der mit Hilfe von Langzeitarbeitslosen und Schwerbehinderten Maschinen und Werkzeuge aufarbeitet und an Selbsthilfevorhaben in Ländern wie Eritrea und Gambia spendet.

Der Hildesheimer Friedenstag wird seit 2017 begangen. Im vergangenen Jahr musste die Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen. Schon damals war Wilmer für die Friedensrede vorgesehen.


Quelle:
KNA