Rund 90 Minuten gewährte der Papst am 2. Juli dem Reuters-Journalisten Philip Pullella für ein Interview. Damit gewährte Franziskus dem von ihm selbst so betitelten "Vize-Dekan" der Vatikan-Korrespondenten drei Mal mehr Zeit als gewöhnlich seinen Staatsgästen. Er hatte auch einiges mitzuteilen. Von Rücktrittsgerüchten über Knie-Probleme, Moskau-Reise und China-Abkommen reichte die Tour d'Horizon, die das Kirchenoberhaupt abriss. Da durfte die Kurienreform nicht fehlen - und an ihr aufgehängt die Frage nach mehr Möglichkeiten für Frauen, in der Kirche mitzubestimmen.
Ausführliches Reuters-Interview
"Ich bin offen dafür, dass man Gelegenheiten schafft", antwortete Franziskus. "(Schon) jetzt hat das Governatorat (des Vatikanstaates) eine Vize-Gouverneurin. Dann werden jetzt zum ersten Mal in die Kongregation für die Bischöfe - die Kommission, um Bischöfe auszuwählen - zwei Frauen gehen. Auf diese Weise öffnet es sich ein wenig. Laien als Chefs der Dikasterien - das weiß ich (noch) nicht (genau): Ich denke an Erziehung/Bildung, die Bibliothek, die ja quasi ein Dikasterium ist", sinnierte er.
Bereits in einem ersten ausführlichen Reuters-Interview 2018 sinnierte Franziskus über einen Laien an der Spitze einer Kurienbehörde - um kurz drauf Paolo Ruffini zum Chef der Kommunikation zu ernennen. Nun also die bisherige Bischofskongregation, mit der Kurienreform in "Dikasterium für die Bischöfe" umbenannt.
Frauen in jenes Gremium, das den Papst bei der Ernennung von Bischöfen berät? Das ist eine Nachricht. Angesichts jahrelanger Diskussionen um die Kriterien vatikanischer Personalpolitik und die Qualität bischöflicher Amtsträger, deren Verantwortung und Rechenschaftspflicht, ist eine solche Entscheidung überfällig.
Vatikanische Personalpolitik wird damit nicht automatisch besser; aber die Chancen dafür steigen.
Papst beruft drei Frauen
Während in den Mitarbeiterstäben anderer Vatikanbehörden inzwischen etliche Frauen zu finden sind, listete das vatikanische Jahrbuch für die Bischofsbehörde bisher nur eine Ordensfrau auf - die aber kein Mitglied des Dikasteriums ist. Am Mittwoch, eine Woche nach der Veröffentlichung des Interviews, gab Franziskus dann die Namen der ersten weiblichen Mitglieder der Bischofskongregation bekannt - darunter drei, statt nur zwei Frauen. Zu hören war, der Leiter der Bischofsbehörde, Kardinal Marc Ouellet, habe die Idee bereits seit längerem ventiliert.
Es sind die Vizegouverneurin des Vatikanstaates, die italienische Ordensfrau Raffaella Petrini, die französische Ordensfrau Yvonne Reungoat, ehemalige Generaloberin der Don-Bosco-Schwestern, sowie Maria Lia Zervino, Präsidentin der Weltunion katholischer Frauenorganisationen (WUCWO). Die Weltunion vertritt rund 90 Mitgliedsorganisationen aus mehr als 50 Ländern. Deutsche Mitglieder sind die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD), der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) sowie der Verein Katholischer Deutscher Lehrerinnen (VKDL). Erst Mitte Juni hatte der Papst das Präsidium der der Weltunion in Rom getroffen.
Neue Kurienverfassung als Grundlage
Nachdem Paul VI. (1963-1978) die früheren "Kardinalskongregationen" für Bischöfe geöffnet hat, beruft Franziskus nun auch Nicht-Kleriker an die Spitze der weltkirchlichen Verwaltung. Die neue Kurienverfassung "Praedicate evangelium", seit 5. Juni in Kraft, öffnet leitende Kurienposten ausdrücklich für Laien - Männer und Frauen. Diese handeln wie Kardinäle und Bischöfe aber nicht aufgrund eigener Vollmacht, sondern allein im Auftrag des Papstes.
Neben den drei Frauen ernannte Franziskus acht Kardinäle, zwei Bischöfe und einen Ordensmann zu neuen Mitgliedern der Bischofskongregation. Welcher der bisher 17 Kardinäle und sechs Bischöfe, unter ihnen Münsters Bischof Felix Genn und der päpstliche Ökumeneminister Kurt Koch, ausscheiden, teilte der Vatikan nicht mit.
Es könnten Purpurträger sein, die fast oder schon über 80 Jahre alt sind.