Auf Pilgerwegen in der Ostschweiz

Stilles schönes Land

Alte Pilgerwege, von Österreich oder Deutschland kommend, durchziehen die Ostschweiz. Berglandschaften, saftig grüne Wiesen, freundliche Städtchen und ungewöhnliche Herbergen begleiten den Wanderer und Pilger auf seinen stillen Wegen durch eine alte Kulturlandschaft mit einer ganz eigenen Geschichte.

Stille Wege in der Ostschweiz / © St.Q. (DR)
Stille Wege in der Ostschweiz / © St.Q. ( DR )

Der bekannteste Pilgerweg in der Ostschweiz ist der Schwabenweg. Von Konstanz am Bodensee führt er durch das hügelige Voralpenland des Kantons Thurgau Richtung Zürichsee, von dort nach Einsiedeln. Jakobspilger gehen seit Jahrhunderten diesen Weg. Auf halbem Weg vom Bodensee zum Zürichsee liegt in einem ruhigen Tal, am Oberlauf der Murg, das Kloster Fischingen. Hier treffen die Pilger auf Benediktiner, die für die Pilger ihre Pforte gerne öffnen und ihnen morgens für ihren weiteren Weg den Pilgersegen erteilen.

Geerdet im Kloster Fischingen

Das Kloster hat eine lange Geschichte. 1138 wurde es gegründet. Verehrt wurde und wird hier vor allem die Landesheilige Idda von Toggenburg, über deren Grab eine große barocke Kapelle errichtet ist. Zur Zeit des Barock, einer Blütezeit des Klosters, wurde die ganze Anlage nach einem Idealplan fast komplett umgebaut, aber weil das Geld ausging, blieb ein alter Gebäudetrakt übrig. Gott sei Dank, denn so ist auch die kleine, schlichte Katharinakapelle erhalten. Hier, und nicht in der großen Barockkirche, finden die Gebetszeiten der Mönche statt. Hier sei man besser geerdet und näher zusammen, sagt Bruder Daniel, der sich um die Pilger kümmert. Mit viel Verständnis, denn schon zweimal war er selbst mit dem Rad in Santiago de Compostela und weiß so um all die Lasten, die ein Pilger mit sich trägt.

Im Appenzellerland

Wer aus Österreich als Pilger unterwegs ist, kommt durch Appenzell. Von Rankweil aus geht es über den Rhein als Grenzfluss und hinein in die Schweizer Voralpen. Spätestens dann ist der Wanderer und Pilger raus dem Alltag. Nur noch der Klang von Bachläufen und Kuhglocken begleitet ihn den Weg hinauf. Bis auf 1000 Meter Höhe führt der Weg vorbei am Naturreservat Schwammtobel und dann, nach der kleinen Kapelle Bildstein, die zur einsamen Rast einlädt, über die grünen Wiesen des inneren Appenzellerlandes. Verstreut liegen die Höfe in den sanft geschwungenen und saftigen Weiden, den ganzen Sommer über wird gemäht, es ist ja auch die Heimat des Appenzeller Käses.

Im bunten Städtchen Appenzell selbst, das seine ganz eigenen Traditionen auch der politischen Kultur hat, wird der Pilger, der im Tourismusbüro nach einer Herberge fragt, gleich rübergeschickt ins „Kloster“. Kapuzinerinnen lebten hier im Kloster Maria der Engel, mussten es aber 2008 nach fast 400 Jahren aufgeben. Weit fort können die Schwestern aber noch nicht sein, denn alles macht den Eindruck, alles hätten sie gestern noch hier gelebt, gearbeitet, gebetet. Nichts wurde verändert. Eines aber ist anders als früher: es ist nur ein Tisch für das Frühstück eingedeckt. Jakobspilger, die von Rankweil über den Appenzeller Weg herkommen, können hier im leeren Kloster übernachten, manchmal kehren Gruppen für Exerzitien ein. Sie alle tauchen ganz ein in die klösterliche Atmosphäre mit ihrer Einfachheit und tiefen Stille. Eine Stiftung führt das Kloster als Herberge.

Reiches Brauchtum

Das Appenzellerland ist reich an stiller, schöner Natur und übers Jahr verteilt kann man auch das Brauchtum erleben, von der Alpfahrt bis zu den wilden Kläusen. Draußen auf dem Land ist dies Brauchtum lebendig und auch junge Leute machen aus tiefer Überzeugung mit. In Urnäsch, auf dem Weg der Pilger nach St. Peterzell, erzählt ein Museum davon, hält das Brauchtum in Momentaufnahmen fest. Oben irgendwo in einer der verwinkelten Stuben steht ein kleines buntes Himmelbett, erzählt vom langen anstrengenden aber auch reichen Leben hier im alten Holzhaus. Der Besucher lernt erstmals, warum ein Himmelbett überhaupt einen Himmel hat. Und der Pilger würde gern für eine Nacht darin versinken... (St.Q.)

(Wdhlg. v. 28.3.14)


St. Peterzell, Ziel des Appenzeller Weges / © St.Q.
St. Peterzell, Ziel des Appenzeller Weges / © St.Q.