Auch katholische US-Universitäten sind von Trump-Politik betroffen

"Vorauseilender Gehorsam und Selbstzensur"

Seit Monaten versucht US-Präsident Donald Trump die Universitäten des Landes auf seine Linie zu bringen. Er droht ihnen mit massiven Kürzungen von staatlichen Fördermitteln. Das wirkt sich auch auf die katholischen Hochschulen aus.

Autor/in:
Roland Müller
Symbolbild: Studierende im Hörsaal / © Matej Kastelic (shutterstock)
Symbolbild: Studierende im Hörsaal / © Matej Kastelic ( shutterstock )

"Es ist wie eine Lawine: Die Schneemassen kommen immer wieder neu auf einen zu und man weiß gar nicht genau von wo." Mit diesen Worten vergleicht Hille Haker die aktuellen Herausforderungen durch die Politik von Präsident Donald Trump, denen sich die Universitäten in den USA stellen müssen. Haker ist Theologieprofessorin und lehrt seit 2012 an der Loyola University in Chicago. Zuvor unterrichtete sie bereits einige Jahre an der Universität Harvard theologische Ethik. 

Donald Trump / © Alex Brandon (dpa)
Donald Trump / © Alex Brandon ( dpa )

"Unsere Forschungsfreiheit wird gerade immer mehr eingeschränkt", sagt Haker. Sie bezieht sich damit auf die seit Monaten zunehmenden Angriffe der US-Regierung auf Elite-Universitäten, wie die Columbia-Universität in New York oder die Harvard-Universität, die sich auch auf alle anderen Hochschulen in den Vereinigten Staaten auswirken.

Bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt hat Trump mit den bis heute andauernden Repressionen gegen die Forschungsfreiheit und die akademische Unabhängigkeit in den USA begonnen. Im März ordnete die Regierung eine Überprüfung der staatlichen Unterstützung von 60 Universitäten an. Insgesamt geht es für einzelne Einrichtungen um bis zu 370 Millionen Dollar Förderung. Als Grund führte die Regierung angeblichen Antisemitismus an Hochschulen im Zuge pro-palästinensischer Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg Israels ins Feld. 

Kampf gegen Pluralismus, Gleichstellung und Inklusion

Doch im Kern geht es bei den Restriktionen Trumps um einen Versuch, politisch unliebsame Universitäten auf Kurs zu bringen. Denn bei den Anhängern der Republikanischen Partei, die die Regierung stellt, und der nationalistischen "Make America Great Again"-Bewegung Trumps gelten vor allem die Elite-Hochschulen als "woke". Damit kritisieren sie eine aus ihrer Sicht gegen konservative Werte und Traditionen gerichtete politische Korrektheit, die sich als Moralismus äußert.

Konkret gehe es dabei um einen Kampf gegen gesellschaftlichen Pluralismus, Gleichstellung und Inklusion, so Haker. "Den Universitäten wurde zu verstehen gegeben, dass alle Forschungsprojekte oder Lehrveranstaltungen, die sich diesen Themen widmen, Sanktionen ausgesetzt sein können", sagt die in den USA lehrende Theologin. "Inzwischen müssen aber auch akademische Vorhaben, die Wörter, wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit oder Gesundheitsvorsorge im Namen tragen, mit dem Wegfall der Finanzierung rechnen." 

Als Beispiel nennt Haker ein Institut an ihrer vom Jesuitenorden getragenen Universität, das sich mit Klimaforschung beschäftigt: "Diese 'school' könnte ihre staatliche Finanzierung verlieren, weil sie nicht in die Ideologie der Regierung von Trump passt." 

Offen für "konstruktive Reformen"

Die Hochschulen reagieren unterschiedlich auf die politischen Angriffe: Die Columbia-Universität lenkte ein und änderte etwa ihre disziplinarischen Regeln für Studierende und stellte die Abteilung für Nahost-Studien neu auf. Die Universität Harvard wählte den juristischen Weg und klagte gegen das Einfrieren von Milliarden an Fördergeldern durch die Regierung. Die US-Universitäten vereint jedoch, dass sie von dieser Finanzierung in einem großen Maße abhängig sind. Viele universitäre Forschungsvorhaben oder sogar ganze Hochschulen beziehen ihr Budget zu einem Großteil aus staatlichen Mitteln. 

Katholizismus in den USA / © Victor Moussa (shutterstock)
Katholizismus in den USA / © Victor Moussa ( shutterstock )

Daher protestierten im April mehr als 100 US-Universitäten in einem öffentlichen Brief gegen die Politik Trumps. Sie zeigten sich darin zwar offen für "konstruktive Reformen", verbieten sich jedoch eine "unangemessene Einmischung der Regierung". Der Brief, den etwa auch die Ivy-League-Universitäten Princeton und Brown unterzeichneten, enthält offene Kritik an den Restriktionen der US-Regierung: "Wir sprechen uns mit einer Stimme gegen die beispiellose staatliche Bevormundung und politische Einflussnahme aus, die heute amerikanische Hochschulen bedrohen."

In den vergangenen Wochen hat die Trump-Regierung ihr Vorgehen gegen die ihr unliebsamen Universitäten geändert. Nun stehen die Visa für ausländische Studierende und Lehrende im Fokus. Harvard darf etwa keine neuen Studierenden aufnehmen, die nicht aus den USA stammen. Ein Gericht hat zwar nun diese Pläne Trumps gestoppt, doch es bleibt fraglich, ob sich der Präsident auch an den Richterspruch hält. 

"Eine Botschaft der Einschüchterung"

Die Einschränkungen durch die US-Regierung treffen nicht nur die Elite-Universitäten, sondern alle Hochschulen – auch die katholischen, sagt der Theologe Massimo Faggioli. "Diese Maßnahmen begrenzen die Bewegungsfreiheit vieler Akademiker und halten sie davon ab, in die USA zu gehen oder dort akademische Konferenzen zu besuchen", erklärt Faggioli, der an der Villanova University historische Theologie lehrt.

Massimo Faggioli (privat)
Massimo Faggioli / ( privat )

Der Kirchenhistoriker sieht einen Feldzug der Trump-Regierung gegen das akademische System in den USA: "Sie sendet eine Botschaft der Einschüchterung an alle Hochschulen aus, auch an die kleineren, die mit weniger Geld auskommen müssen." Alle würden fürchten, zu den nächsten Zielen der Regierungsangriffe zu gehören. Genau diese Unsicherheit wolle der US-Präsident erreichen, besonders unter jenen Einrichtungen, die nicht im Einklang mit dem Weißen Haus stehen.

Das sieht auch Haker so: "Wir sitzen hier wie die Maus vor der Schlange und wissen nicht, was passieren wird." Im Allgemeinen seien die katholischen Universitäten in den USA weniger stark von den Restriktionen durch Trump betroffen, da sie meist einen Schwerpunkt auf der Lehre und weniger auf der Forschung hätten. Aber gerade Forschungsprojekte würden durch staatliche Mittel finanziert. An Hakers Universität in Chicago macht die Finanzierung durch die US-Regierung im Bereich der Forschung etwa drei Viertel des Budgets aus. 

Immerhin haben die katholischen Universitäten ein Ass im Ärmel, mit dem sie sich gegen Trump wehren könnten: "In den USA ist die Religionsfreiheit in einem viel größeren Umfang geschützt als die Forschungsfreiheit – und zur Not wird unsere Universität mit den anderen 27 Jesuiten-Hochschulen im Land mit diesem Argument vor den Supreme Court ziehen", sagt Haker. So könnte verhindert werden, dass Forschungsprogramme gestoppt werden. 

"Einige Professoren haben die Titel ihrer Kurse geändert"

Eine Änderung der Ausrichtung der kirchlichen Universitäten lehnt die deutsche Theologin strikt ab: "Alle Jesuitenunis sind auf Diversität, Inklusion und soziale Gerechtigkeit ausgerichtet. Die Sprache in unseren 'mission statements' könnten wir zwar anpassen, aber auf keinen Fall die eigentliche Ausrichtung."

Faggioli erkennt bereits erste Einschränkungen, die sich die Universitäten – auch die katholischen – als Reaktion auf die Maßnahmen der Regierung selbst auferlegen. "Einige Professoren haben die Titel ihrer Kurse geändert, damit sie nicht mit den Themen Gleichberechtigung oder Inklusion in Verbindung gebracht werden können." Das seien "vorauseilender Gehorsam und Selbstzensur" – aber auch Selbstschutz. 

"Denn die Lehrenden wissen, dass die Universitäten nicht viel unternehmen können, um ihre Professoren und Studierenden zu schützen." Haker zeigt sich hingegen kämpferisch. Auch wenn die Forschungsfreiheit, selbst für Theologen, eingeschränkt werde, gehe es weiter: "Dann eben ohne Bundesmittel, uns kann niemand verbieten, zu forschen und zu publizieren – bislang jedenfalls."

Quelle:
DR

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