Auch John McCain hat nun ein Pfarrer-Problem

Die "verrückten" US-Pastoren

Normalerweise sind Amerikas religiös Konservative und Evangelikale höchst beglückt, wenn ihre Zusammenkünfte das Interesse der Medien auf sich ziehen. Doch diesmal war bei einer Gruppe alles anders. Schuld ist der US-Wahlkampf. Hier droht nun die Suche nach dem "verrücktesten Pastor."

Autor/in:
Roland Gerste
 (DR)

Der jährliche Kongress einer Kirchengruppe, die sonst immer für Schlagzeilen gut ist, verlief diesmal ganz anders. Als sich jetzt die Führungsriege und zahlreiche Anhänger der Gruppe "Christians United for Israel" in Washington traf, wurden die Reporter ausgeschlossen. Eine Sprecherin der Organisation erklärte, es gebe keine Interviews, keine Genehmigung zum Filmen - "nothing".

Der Grund für die plötzliche Scheu vor dem Licht der Öffentlichkeit liegt sicher weniger an der Agenda dieser Gruppierung konservativer Christen. Unterstützung für Israel - dem würde sicher die Mehrheit der amerikanischen Christen zustimmen. Vielmehr scheinen sie und ihr Vorsitzender, Reverend John Hagee, um eine - vorübergehende - Unsichtbarkeit bemüht, um nicht einem guten Freund zu schaden: dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain.

Mit ihm war Hagee - und ist es vielleicht immer noch - eng verbunden, was freilich nicht dazu angetan ist, dem Senator bei gemäßigten Wählern Sympathiepunkte einzubringen. Hagee sorgte nämlich in der Vergangenheit wiederholt für Aufregung mit seinen in Büchern, Predigten und über TV-Sender wie "The Inspiration Network" und "Trinity Broadcasting Network" verbreiteten Ansichten. Empörung löste etwa seine Bemerkung aus, der Holocaust sei Gottes Wille gewesen, so dass die Juden zurück nach Israel kämen. Die katholische Kirche bezeichnete er als "große Hure"; eine Äußerung, die Hagee später als missverstanden oder fehlinterpretiert bezeichnete - wie zahlreiche andere seiner Thesen.

"Ich bin sehr stolz darauf, Pastor Hagees Unterstützung zu haben"
In seinem Buch "Jerusalem Countdown" interpretierte Hagee die Bibel dahingehend, dass Russland und die islamischen Staaten Israel angreifen und dafür von Gott vernichtet würden. Die Zerstörung von New Orleans durch den Hurrikan Katrina war nach seiner Einschätzung eine Strafe für Homosexualität in der Stadt. Globale Erwärmung gibt es für den Reverend und seine Anhänger nicht; das Protokoll von Kyoto zur Begrenzung der Treibgas-Emissionen sieht er als eine Verschwörung gegen die USA.

McCain sah sich gezwungen, Distanz zwischen sich und den Reverend zu legen, nachdem er zu Beginn des Wahlkampfes noch hatte verlauten
lassen: "Ich bin sehr stolz darauf, Pastor Hagees Unterstützung zu haben." Nach der Empörung über dessen Denkweise, die allmählich auch landesweit Aufmerksamkeit erregte, beeilte sich McCain später darauf hinzuweisen, dass er nicht Mitglied in der Kirche des texanischen Pastors sei, und dass er dessen Bemerkungen unentschuldbar finde.

Wer bekommt seinenn Pastor besser in den Griff?
Hagee selbst hat sich Anfang Mai beim Präsidenten der Catholic League, William Donohue, entschuldigt, dass gläubige Katholiken seine Bemerkungen als "schmerzhaft" hätten empfinden können.

US-Medien wie die "Washington Post" spotteten schon, dass es im kommenden Wahlkampf wohl darauf hinauslaufe, welcher der beiden Kandidaten seine "verrückten Pastoren" besser in den Griff bekomme:  McCain den Reverend Hagee oder Obama seinen zu Hasspredigten neigenden Reverend Jeremiah Wright. McCains neue Furcht, mit Hagee in Verbindung gebracht zu werden, teilt einer seiner engsten politischen Vertrauten offenbar nicht: Der unabhängige Senator Joe Lieberman, gescheiterter Kandidat für die Vizepräsidentschaft des Jahres 2000 an der Seite von Al Gore, kündigte unlängst an, eine Rede vor Hagees Gemeinde halten zu wollen.