Das Thema "Wie werde ich glücklich" bescherte den Patres vom Orden der Herz-Jesu-Priester in Bonn-Oberkassel ein volles Haus. Die Gründerzeitvilla ist der Verwaltungssitz, das Provinzialat des Ordens. Provinzial Pater Heiner Wilmer freut sich über die vielen Gäste, sagt aber auch: "Schön wäre gewesen, wenn auch ein paar Jüngere gekommen wären." Denn kurz vorher hatte er auf die Frage, wie es denn um den Nachwuchs im Orden bestellt sei, gesagt: "Dünn." Für ihn ist ganz klar, dass es beim ersten bundesweiten Tag der offenen Klöster an diesem Samstag auch um Nachwuchswerbung geht.
Es sei ja kein Geheimnis, dass die Zahl der Berufungen in Deutschland und Nordeuropa überhaupt zurückgegangen sei, sagt Wilmer. "Ein Ziel an diesem Tag ist es natürlich auch, junge oder jüngere Menschen, Männer und Frauen anzusprechen, ob nicht diese Art der Nachfolge Christi etwas für sie wäre."
4500 Ordensmänner leben nach Angaben der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) bundesweit in 454 klösterlichen Niederlassungen. Die Zahl der Ordensfrauen ist um ein Vielfaches höher. 19.300 leben in 1627 klösterlichen Niederlassungen. Während bei den Ordensmännern 54 Prozent älter als 65 Jahren sind, überwiegen bei den Ordensfrauen die Älteren noch viel deutlicher: Hier sind es 84 Prozent.
"Es gibt eine ganze Reihe Frauen, die treten erst mit 50 oder 60 Jahren ein", sagt Wilmer. Der Partner sei gestorben, die Kinder seien versorgt. "Dann treten sie ins Kloster ein und verbringen dort eine weitere Phase ihres Lebens."
Aber natürlich gehe es an diesem Tag für die Ordensgemeinschaften auch darum, sich nach außen hin zu öffnen, auf andere zuzugehen. 350 Klöster von der Ostsee bis nach Bayern haben die Tore geöffnet. Patres und Schwestern wollen den Gästen erzählen, wie sie leben, was sie tun, was sie beten und was sie meditieren - um so mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Es gehe ihr wunderbar, sagt Hannelore Will aus der Nähe von Bonn nach Wilmers philosophischem Vortrag über das Glücklichwerden. Sie hatte während einer Autofahrt im Rundfunk von diesem Tag gehört und war dann im Internet auf das Thema bei den Bonner Herz-Jesu-Priestern gestoßen. Sie sei glücklich, denn sie habe ihre Ansichten zum Thema in jedem Punkt bestätigt gefunden, sagt sie. Für sie schließe sich im übrigen ein Kreis. Als sie 50 geworden sei, habe sie den Tag im Kloster verbracht. An diesem Samstag hat sie wieder Geburtstag. Sie wird 59.
Der Orden der Herz-Jesu-Priester hat in Deutschland derzeit gut 50 Mitglieder. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der Bildung. Es gibt sieben Niederlassungen, darunter auch ein Gymnasium in Handrup im Emsland bei Osnabrück mit 1200 Schülern. Die jüngste ist in Berlin am Prenzlauer Berg. Fünf Pater kümmern sich dort und in den Stadtteilen Friedrichshain und Lichtenberg vornehmlich um Menschen in psychischer Not oder mit seelischen Problemen.