Auch der Interims-Abt im Kloster Saint-Maurice tritt zurück

Vatikan soll Verwalter senden

Der Missbrauchsskandal in der Schweizer Traditionsabtei Saint-Maurice weitet sich aus. Nach dem Rücktritt des Abtes im September muss nun auch sein Interims-Nachfolger gehen, eingeholt von einer einschlägigen Vorgeschichte.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Zerrissener Rosenkranz / © Julia Steinbrecht (KNA)
Zerrissener Rosenkranz / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Nach den jüngsten Missbrauchsenthüllungen tritt auch der Interims-Abt von Saint-Maurice nach nur zwei Monaten zurück.

Das Kapitel von Saint-Maurice bat den Vatikan um Entsendung eines Verwalters ("Apostolischen Administrators"), der das Kloster im Übergang leiten soll, wie am Donnerstagnachmittag bei einer Pressekonferenz der Abtei mitgeteilt wurde. Die Abtei Saint-Maurice untersteht nicht dem Bischof von Sitten, sondern direkt dem Vatikan.

Roland Jaquenoud war erst im September auf Abt Jean Cesar Scarcella gefolgt, der sein Amt wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung ruhen lassen musste. Jaquenoud soll 2003 einen ihm untergebenen Novizen zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben, hieß es nun.

Missbrauchsvorwürfe gegen neun Augustiner-Chorherren

Das Portal kath.ch berichtet, andere Novizen, die von dem damaligen Vorfall Kenntnis hatten, hätten den Vatikan darüber informiert.

Dieser habe einen Abt aus Frankreich entsandt, um der Sache nachzugehen. Danach habe der Vatikan Druck ausgeübt, um den Fall weiter aufzuklären.

Die Abtei entsandte Jaquenoud laut kath.ch 2004 in die Mission nach Kasachstan. Trotz seiner Vorgeschichte sei er 2015 nach Saint-Maurice zurückgekehrt und Prior geworden. Im September 2023 übernahm er übergangsweise die Leitung der Abtei. Laut Recherchen des Westschweizer Fernsehens RTS gibt es Missbrauchsvorwürfe gegen insgesamt neun Augustiner-Chorherren von Saint-Maurice; fünf von ihnen lebten noch.

1.500 Jahre Saint-Maurice

Die Abtei selbst teilte in einer Presseerklärung mit, dass von den neun in der RTS-Sendung genannten Fällen, die teils mehr als sechs Jahrzehnte zurücklägen, nur noch einer anhängig sei. Fünf der beschuldigten Abtei-Angehörigen seien vor mehr als 15 Jahren gestorben; in drei Fällen habe es bereits in der Vergangenheit Entscheidungen gegeben.

Der von seinen Mitbrüdern zum Interims-Sprecher der Gemeinschaft gewählte Antoine Salina versicherte bei dem Pressegespräch, dass die Abtei eng mit dem Kanton zusammenarbeite, um die "alten und die neuen Fälle" aufzuarbeiten. Man arbeite Hand in Hand mit der Justiz.

Ältestes Kloster des Abendlandes Saint-Maurice

Saint-Maurice gilt als ältestes Kloster des Abendlandes, das ohne Unterbrechung besteht. Es beherbergt einen der reichsten Kirchenschätze Europas. 2014/2015 feierte die Abtei ihr 1.500-jähriges Bestehen. Ihre Ursprünge gehen auf das legendäre Grab des heiligen Mauritius (Moritz) und seiner Gefährten zurück.

Mitglieder der Thebäischen Legion sollen Ende des 3. Jahrhunderts an verschiedenen Orten als Märtyrerchristen gestorben sein, so auch in Köln, Bonn und Xanten.

Schweizer Flagge / © Maxim Studio (shutterstock)
Quelle:
KNA