In Assisi leuchten zu Weihnachten Kirchenfassaden

"Zentraler Zugang zu Gott ist Weihnachten"

Den heiligen Franziskus von Assisi faszinierte die Menschwerdung Gottes fast mehr als die Auferstehung Christi. Das wirkt sich heute auf das Weihnachtsfest aus, sagt Bruder Thomas Freidel und berichtet von Lichtimpulsen in Assisi.

Die Geburt Christi von Giotto
 (NdF)
Die Geburt Christi von Giotto / ( NdF )

DOMRADIO.DE: Sie persönlich sind seit über zwei Jahren Museumsdirektor an der Basilika, bieten täglich mehrere Führungen in Assisi an und leisten Seelsorge. Wir schauen zurück auf ein bewegtes Jahr 2022. Sind Sie zufrieden in Assisi?

Thomas Freidel, Franziskaner-Minorit und deutscher Pilgerseelsorger in Assisi / © Francesco Pistilli (KNA)
Thomas Freidel, Franziskaner-Minorit und deutscher Pilgerseelsorger in Assisi / © Francesco Pistilli ( KNA )

Br. Thomas Freidel (Diakon des Klosters Sacro Convento): Wir haben dieses Jahr fast wieder den Normalzustand erreicht mit den Besucherzahlen, den Menschen, die aus der ganzen Welt hierher kommen.

Die Amerikaner kamen zur Mitte des Jahres wieder zurück. Ebenso die deutschsprachigen Besucher, die sehr verschieden sind und zum Teil zu Fuß den Franziskusweg gehen oder als Gruppen hierher kommen.

Ich habe wieder etwa 10.000 Pilgerinnen und Pilger führen und begleiten dürfen. Das ist schon fast wieder die normale Zahl. Wir sind dankbar. Die Menschen in Assisi auch, denn mehr oder weniger leben ja alle von den Pilgern, die hierher kommen.

DOMRADIO.DE: Hin und wieder macht sich auch der Papst zu ihnen auf den Weg. War Franziskus auch dieses Jahr bei Ihnen zu Besuch?

Freidel: Er war im Herbst hier. Er macht es immer so, dass er kurz zu Besuch kommt und besondere Akzente setzt. Im vergangenen Jahr war es ein Treffen mit 500 Armen und Bedürftigen.

Dieses Jahr war er für einen Tag hier und hat sich mit Teilnehmern des Forums Economy of Francesco getroffen. Mit 1.000 jungen Leuten aus der ganzen Welt, die in Führungspositionen in der Wirtschaft tätig sind oder hineinwachsen. Die hat Franziskus hier zum Austausch über ethische Themen, über globale Themen, Schöpfung, Verantwortung zusammengerufen.

Zum Abschluss ist er dann selber hier gewesen und hat zu den jungen Leuten gesprochen. Wieder ein kurzer Besuch von wenigen Stunden, mit ganz bestimmtem Akzent.

Br. Thomas Freidel, Diakon des Klosters Sacro Convento und Pilgerseelsorger

"Franziskus hat eine ganz besondere Verbindung zum Geheimnis der Menschwerdung Gottes"

DOMRADIO.DE: Bei Ihnen in Assisi läuft eine Sonderausstellung über Briefmarken mit dem Titel Franziskus von Assisi und Franziskus von Rom. Was hat der heilige Franziskus mit dem Weihnachtsfest zu tun?

Freidel: Franziskus hat eine ganz besondere Verbindung zum Geheimnis der Menschwerdung Gottes. Sein zentraler Zugang zu Gott ist Weihnachten. Für ihn ist es das Fest der Feste, ohne Ostern und Tod und Auferstehung Jesu da zu vergessen oder zu vernachlässigen, aber das Entscheidende ist für ihn, dass Gott selber Mensch wird. Und Franziskus hat das Weihnachtsfest, ganz nach seiner Art, sehr konkret, sehr kreativ, sehr leibhaftig gefeiert.

Im nächsten Jahr werden wir ein 800-Jahres-Jubiläum feiern, das Jubiläum des Weihnachtsfestes von Greccio, wo er eine Feier inszenierte, aus der sich die Tradition der Weihnachtskrippe entwickelt hat. Franziskus ging es darum, die Armut Gottes im Stall von Bethlehem deutlich zu machen und dass in der Person Jesu Christi, Gott und Mensch in unüberbietbarer Weise zusammenkommen.

Er hat dieses Fest vor allem in die Lebenswelt der armen und einfachen Menschen getragen. Weihnachtsspiele in den großen Domkirchen gab es vorher schon. Aber dass Weihnachten in die Lebenswelt der ganz gewöhnlichen, einfachen und armen Menschen übertragen wird, war vor allem sein Anliegen.

Weihnachtsbeleuchtung in Assisi (NdF)
Weihnachtsbeleuchtung in Assisi / ( NdF )

DOMRADIO.DE: Vor zwei Jahren haben Sie die Stadt Assisi in eine imaginäre Krippe verwandelt. Ist etwas Ähnliches dieses Jahr zu den Festtagen geplant?

Freidel: Vor zwei Jahren war das ja zunächst mal eine Notlösung, weil es wegen Corona nicht möglich war, Krippen aufzubauen. Die ganze Stadt ist normalerweise voll mit Weihnachtskrippen an allen möglichen Plätzen, im Freien, in den Häusern, in den Kirchen natürlich, überall. Das ist dieses Jahr auch wieder so, aber in der Coronazeit war das nicht möglich.

Dann kam man auf die Idee, die wichtigsten Fresken aus unserer Basilika San Francesco im Großformat auf die Fassaden der Kirchen zu projizieren. Das kam so gut an bei den Leuten, dass man das auch weiterhin macht, auch wenn wir jetzt wieder die normalen Krippen haben.

Man sieht zum Beispiel "Die Geburt Christi" von Giotto, wie sie hier in der Basilika gemalt ist. Auf anderen Fassaden sind andere Szenen dargestellt und so ist es eine eindrucksvolle Sache. Diese Bilder werden im Großformat, mit entsprechendem Text, Einblendungen und Musik dazu präsentiert.

Das kann man sich auch, wenn man es zu Weihnachten nicht nach Assisi schafft, uf der italienischen Internetseite https://www.nataledifrancesco.it angucken.

Die Weihnachtsbeleuchtung wurde während der Pandemie eingeführt. (NdF)
Die Weihnachtsbeleuchtung wurde während der Pandemie eingeführt. / ( NdF )

DOMRADIO.DE: Wie werden Sie in der Basilika des heiligen Franziskus von Assisi in Italien den Heiligen Abend feiern?

Freidel: Wir sind in unserer internationalen Klostergemeinschaft über 60 Brüder aus mindestens 20 verschiedenen Nationen. Wir treffen uns zunächst zum Abendessen, so wie jeden Tag. An dem Abend, etwas feierlicher, aber natürlich fleischlos mit Fisch, so wie das in vielen Ländern üblich ist.

Wir versuchen dann immer das Lied "Stille Nacht" in allen Sprachen, die wir zur Verfügung haben, zu singen. Das ist ja das große, wichtige Weihnachtslied, das in der ganzen Welt bekannt ist.

Am Schluss kommt die Originalsprache dran. Das ist in Deutsch und dann hat es auch immer ganz besondere Akzente. Man staunt, in welchen Sprachen es das Lied gibt.

Dann wird am Abend die Basilika wieder geöffnet. Wir beginnen dann um 23.00 Uhr mit der Vigil, mit dem Chorgebet. Uum Mitternacht beginnt dann die Christmette, bei der unser Chor dann auch singt. Das ist immer ein besonderes Erlebnis. Wir haben hier eine große Musiktradition an unserer Kirche und jetzt auch wieder einen jungen Mitbruder, der den Chor übernommen hat und als Maestro den Chor leitet.

Und so ist es immer sehr feierlich in der Nacht. Viele Menschen kommen hierher. Die Kirche ist schon anderthalb Stunden vorher voll. Dieses Jahr ist es hier in Assisi wieder so möglich, wie wir es gewohnt sind und wie es viele Menschen schätzen und lieben.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Assisi

Statue des Heiligen Franz von Assisi / © Paoloesse (shutterstock)
Statue des Heiligen Franz von Assisi / © Paoloesse ( shutterstock )

Der Wallfahrtsort Assisi im mittelitalienischen Umbrien zieht jährlich bis zu fünf Millionen Pilger und Touristen an. Der hier um 1181 geborene Kaufmannssohn und spätere Gründer des Franziskanerordens, Franz von Assisi, hat wegen seines Verzichts auf Reichtum und der Fürsorge für die Armen hohes Ansehen. Da er nicht nur Menschen, sondern auch Tieren gepredigt haben soll, gilt seine Hinwendung zur Natur als beispielhaft für modernes Umweltbewusstsein.

Quelle:
DR