Antisemitismusbeauftragter begrüßt Verhüllung von Relief

"Darstellungen verletzen auch heute noch"

Ein Relief im Brandenburger Dom sorgt für Gesprächsstoff. Das antijüdische Motiv soll nun verhüllt werden. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hält den Umgang mit dem antijüdischen Relief für angemessen.

Antisemitisches Säulenrelief im Brandenburger Dom  / © Jonathan Penschek (dpa)
Antisemitisches Säulenrelief im Brandenburger Dom / © Jonathan Penschek ( dpa )

"Ich begrüße die Entscheidung zur Verhüllung der antijüdischen Schmähplastik im Brandenburger Dom", sagte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Besonders lobenswert sei, dass sich Bischof Christian Stäblein eindeutig zur Schuld der Kirchen bekannt habe, Judenhass und Antisemitismus aktiv befördert zu haben.

Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus / © Carsten Koall (dpa)
Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus / © Carsten Koall ( dpa )

Tafel informiert über Schmähplastik

Der Gemeinde in Brandenburg ist die antijüdische Bedeutung des Reliefs nach eigenen Angaben bewusst. Die Schmähplastik aus dem 13. Jahrhundert zeigt eine Sau mit menschlichem Antlitz und jüdischer Kopfbedeckung, an deren Zitzen andere Lebewesen hängen. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein.

Das Relief im Kreuzgang des evangelischen Doms bleibt zwar an seinem historischen Ort, soll aber künftig verhüllt werden, wie ein Sprecher der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz erklärte. Wann die Stelle auf zwei Metern Höhe verhängt werden soll, steht noch nicht fest. "Es gibt keine inhaltlichen Themen mehr, die vor der "visuellen Beseitigung" noch zu klären sind, sondern nur noch technisch-ästhetische", so der Sprecher. Seit etwa zehn Jahren gibt es bereits einen Aufsteller vor der Plastik, auf dem inhaltlich Position bezogen wird.

Klein: Umgang mit Relief in Wittenberg unzureichend

"Nicht nur in Brandenburg, sondern in vielen Kirchen in Deutschland haben die architektonischen Hinterlassenschaften die Frage nach der Kontinuität des christlichen Judenhasses vom Mittelalter bis zur Gegenwart aufgeworfen", sagte der Antisemitismusbeauftragte Klein. Ein ähnliches Relief findet sich unter anderem an der Stadtkirche der Lutherstadt Wittenberg. Hier hält Klein den bewussten Umgang mit der eigenen Geschichte für unzureichend. Die Kirchengemeinde hatte kürzlich ein Informationsschild zur "Judensau" angepasst und angekündigt, langfristig eine Dauerausstellung einzurichten, die über Antijudaismus informieren soll.

In den bisherigen Debatten über den Umgang mit den Schmähskulpturen habe sich gezeigt, dass es nicht etwa nur einen richtigen Weg gebe, sich der Geschichte zu stellen, betonte Klein. Jeder einzelne Fall sei gesondert zu betrachten. "Stets muss jedoch einbezogen werden, dass verunglimpfende und herabsetzende Darstellungen, auch wenn sie historisch sind, auch heute noch Menschen verletzen, auch heute noch wirken."

Judenfeindliche Schmähplastiken

Schmähplastiken oder Schmähskulpturen waren in der christlichen Kunst des Mittelalters fester Bestandteil und Ausdruck von Antijudaismus der Kirchen. Juden wurden in den Darstellungen an den Kirchen verhöhnt, verspottet und gedemütigt. Ein prominentes Beispiel ist die Schmähskulptur "Judensau" an der Wittenberger Stadtkirche.

Auf dem um 1300 entstandenen Relief in etwa vier Metern Höhe ist ein Rabbiner zu sehen, der den Schwanz eines Schweins anhebt und ihm in den After sieht. Zwei weitere Juden saugen an den Zitzen des Tiers. Das Schwein gilt den Juden als unrein.

Darstellung an der Stadtkirche in Wittenberg / © Norbert Neetz (KNA)
Darstellung an der Stadtkirche in Wittenberg / © Norbert Neetz ( KNA )
Quelle:
dpa