"Anti-Abschiebe-Industrie" ist Unwort des Jahres 2018

"Politischer Diskurs nach rechts verschoben"

Der Ausdruck "Anti-Abschiebe-Industrie" ist das Unwort des Jahres 2018. Die Formulierung sei durch den CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt "als offensichtlicher Kampfbegriff in die politische Diskussion eingeführt worden", so die Jury.

Unwort des Jahres 2018 / © Andreas Arnold (dpa)
Unwort des Jahres 2018 / © Andreas Arnold ( dpa )

Der Ausdruck zeige, "wie sich der politische Diskurs sprachlich und in der Sache nach rechts verschoben hat und sich damit auch die Sagbarkeitsregeln in unserer Demokratie in bedenklicher Weise verändern", erklärte die Jury des Sprachwettbewerbs am Dienstag in Darmstadt.

Die "Sprachkritische Aktion" will mit dem Unwort des Jahres "auf unangemessene Formen des öffentlichen Sprachgebrauchs aufmerksam machen". Die nach eigenen Angaben institutionell unabhängige und ehrenamtlich arbeitende Jury aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten wurde in diesem Jahr durch den Autor und Kabarettisten Jess Jochimsen ergänzt.

Kritik an diskriminierenden Worten

Die Jury erreichten den Angaben zufolge 2018 insgesamt 902 Einsendungen. Darunter waren 508 verschiedene Ausdrücke, von denen knapp 70 den Unwort-Kriterien der Jury entsprochen hätten. Nach ihrer Darstellung geht es darum, Wörter anzuprangern, die die Menschenwürde verletzen oder Grundlagen der Demokratie angreifen. Kritisiert werden Worte, die diskriminieren, diffamieren oder verschleiern.

Dobrindt hatte den Angaben zufolge gesagt, eine "aggressive Anti-Abschiebe-Industrie" sabotiere die Bemühungen des Rechtsstaates und gefährde die öffentliche Sicherheit. Nach Einschätzung der Sprachjury unterstellt der Ausdruck denjenigen, die abgelehnte Asylbewerber rechtlich unterstützen und Abschiebungen auf dem Rechtsweg prüfen, die Absicht, auch kriminell gewordene Flüchtlinge schützen und damit in großem Maßstab Geld verdienen zu wollen.

Weitere Unwörter: "Menschenrechtsfundamentalismus" und "Ankerzentrum"

Als weiteres Unwort kritisierte die Sprachjury den Ausdruck "Menschenrechtsfundamentalismus", den der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer anlässlich der Debatte um die Seenotrettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer verwendet habe. Kritisiert wurde auch der Begriff "Ankerzentrum" für besondere Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge, weil er die komplizierten Prüfverfahren in diesen Zentren verschleiere.

2017 hatte die Jury die Wendung "alternative Fakten" zum Unwort des Jahres bestimmt, 2016 war es der Begriff "Volksverräter".


Quelle:
KNA
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