Anschlag in Québec

Anklage nach Moschee-Angriff

Er soll sich für Marine Le Pen begeistern und an die Vorherrschaft weißer Menschen glauben: Langsam kommen Details über den 27-Jährigen ans Licht, dem die Polizei in Québec den Mord an sechs Menschen in einer Moschee vorwirft.

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Levon Sevunts/Johannes Schmitt-Tegge
Justin Trudeau spricht im House of Commons zu dem Angriff auf eine Moschee.  / © Adrian Wyld (dpa)
Justin Trudeau spricht im House of Commons zu dem Angriff auf eine Moschee. / © Adrian Wyld ( dpa )

Der mutmaßliche Attentäter von Québec, der in einer Moschee sechs Menschen erschossen und 19 weitere verletzt haben soll, muss sich wegen sechsfachen Mordes und fünffachen versuchten Mordes vor Gericht verantworten. Die Polizei kündigte diese Anklage in elf Punkten in der kanadischen Provinzhauptstadt an. Ein zweiter zunächst Verdächtigter, der aus Marokko stammt, wurde am Montag wieder auf freien Fuß gesetzt. Zwei der Verletzten schwebten am Montag noch in Lebensgefahr.

Laut Aussagen von Bekannten vertritt der Festgenommene offen Positionen der radikalen Rechten. Der Politikwissenschafts-Student sei von einer "rassistischen Nationalismus-Bewegung" inspiriert, sagte ein Bekannter der Zeitung "Globe and Mail". Ein weiterer Bekannter sagte dem "Journal de Québec", er sei "sehr rechts", "ultra-nationalistisch" und glaube an die Vorherrschaft von Weißen über Menschen anderer Hautfarbe. Auf Facebook soll er sich unter anderem als Fan der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National zu erkennen gegeben haben.

Trudeau spricht von "Terroranschlag gegen Muslime"

Kanadas Premierminister Justin Trudeau reiste kurzfristig zu einer Mahnwache nach Québec. Bei einer Rede im Unterhaus des Parlaments in Ottawa, wo ebenfalls eine Mahnwache abgehalten wurde, hatte Trudeau zuvor lückenlose Aufklärung versprochen, nachdem er den Angriff als "Terroranschlag gegen Muslime" eingestuft hatte.

Die vorwiegend katholische Gemeinde der französischsprachigen Provinzhauptstadt debattiert seit längerer Zeit über ihre Identität, wobei die Diskussion teils als muslimfeindlich empfunden wird. So schlug die Partei PQ, die eine Unabhängigkeit der Provinz von Kanada anstrebt, 2013 eine umstrittene "Satzung über die Werte Québecs" vor, die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst untersagt hätte, offen religiöse Symbole wie Kopftücher oder Schleier über dem Gesicht zu tragen. Das Kruzifix über dem Sitz des Sprechers in der Nationalversammlung Québecs hätte aber erlaubt bleiben sollen.

"Zeit, zu zeigen, wer wir sind"

"Die Welt schaut auf uns", sagte Provinz-Premierminister Philippe Couillard in einer Ansprache an die Bevölkerung. "Es ist Zeit, zu zeigen, wer wir sind, unsere beste Seite zu zeigen: Männer und Frauen, die auf Französisch in diesem Stück Nordamerika zusammenleben, das Québec ist." Er glaube an eine "selbstbewusste und offene Gesellschaft, einen einladenden Ort", wo alle Bürger auf gleicher Ebene behandelt würden. Beileidsbekundungen für Québec kamen unter anderem von den Regierungen der USA, Deutschlands und Frankreichs.


Quelle:
dpa