Anglikaner mit historischen Verbindungen zu Sklaverei

Der "schmerzhaften Realität" stellen

Erhebliche Vermögenswerte der anglikanischen Staatskirche von England haben historische Verbindungen zur Sklaverei. Das ist der Befund einer Untersuchung, die die Church Commissioners for England 2019 in Auftrag gaben.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Menschen sind von Sklavenhändlern aus Afrika nach Nord- und Südamerika verschleppt worden / © Morphart Creation (shutterstock)
Menschen sind von Sklavenhändlern aus Afrika nach Nord- und Südamerika verschleppt worden / © Morphart Creation ( shutterstock )

Die Kirchenkommissare bedauern die Verbindungen ihres Vorgängerfonds "zutiefst"., wie sie auf ihrer Webseite mitteilten.

Demnach hat die sogenannte Queen Anne's Bounty, eine Vorgängerin der heutigen milliardenschwerden Stiftung der Church Commissioners, im 18. Jahrhundert beträchtliche Beträge in die Britische Südseekompanie (South Sea Company) investiert; ein Unternehmen, das mit Sklaven handelte. Auch habe der Fonds zahlreiche Zustiftungen erhalten, von denen viele wahrscheinlich von Personen stammten, die mit transatlantischer Sklaverei oder der Plantagenwirtschaft in Verbindung standen oder davon profitierten, heißt es weiter. Die Queen Anne's Bounty wurde 1704 mit dem Ziel gegründet, die Armut unter den Geistlichen der Church of England zu bekämpfen.

Die Church Commissioners arbeiteten laut eigenen Angaben mit forensischen Buchhaltern zusammen, um frühe Hauptbücher und andere Originalquellen der Queen Anne's Bounty zu überprüfen. Ihr Abschlussbericht soll noch in diesem Jahr veröffentlicht werden.

Tiefes Bedauern

Der Bischof von Birmingham, David Urquhart, Mitglied des Church Commissioners Board und Vorsitzender der Forschungsgruppe, äußerte tiefes Bedauern. Man sei bestrebt, diese Geschichte transparent zu machen - "und wir werden dieses Wissen nutzen, um sicherzustellen, dass wir weltweit an der Spitze verantwortungsvollen Investierens stehen". 

Neben dieser Arbeit über die Vergangenheit, so Urquhart, setze man sich "auch weiterhin für Veränderungen in den Unternehmen ein, in die wir heute investieren". Diese müssten sich in ihren Lieferketten für Menschenrechte einsetzen. Eine solche Politik für "Respekt vor den Menschen" solle zu einer "gerechteren Welt" beitragen.

"Quelle der Schande"

Justin Welby / © Kirsty O'connor (dpa)
Justin Welby / © Kirsty O'connor ( dpa )

Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, der auch Vorsitzender der Church Commissioners ist, erklärte ebenfalls, er "bedauere zutiefst die Verbindungen zur transatlantischen Sklaverei", die die Forschung nun festgestellt habe. Der anglikanische Primas wörtlich: "Dieser abscheuliche Handel nahm Männer, Frauen und Kinder, die nach Gottes Ebenbild geschaffen wurden, und beraubte sie ihrer Würde und Freiheit."

Die Tatsache, dass einige in der Kirche dies "aktiv unterstützten und davon profitierten", sei "eine Quelle der Schande". Nur wenn man sich nun dieser "schmerzhaften Realität" stellen, könne die anglikanische Kirche "Schritte in Richtung echter Heilung und Versöhnung" unternehmen. Welby sprach von einem "Moment der Klage und Reue". Er bete für all jene, die von dieser Nachricht betroffen sind, und hoffe Zusammenarbeit, um gemeinsam "einen neuen Weg nach vorne zu erkennen".

Church Commissioners verwalten Milliardenvermögen

Die Church Commissioners verwalten heute nach eigenen Angaben eine Stiftung in Höhe von 10,1 Milliarden Pfund (11,7 Milliarden Euro), um die Mission und den Dienst der Kirche von England zu unterstützen. Die Church Commissioners wurden 1948 durch Zusammenlegung zweier Gremien gebildet, der besagten Queen Anne's Bounty und der Ecclesiastical Commissioners. Unter anderem verfügt der kirchliche Verwaltungsrat über weitreichende Vermögenswerte; darunter etwa den größten privaten Waldbesitz im Vereinigten Königreich.

Primas Welby hat selbst eine Vergangenheit als Jurist und Manager. Als Finanzexperte des Konzerns "Elf Aquitaine" bekleidete der heute 66-Jährige Managerposten in Paris und London zur Finanzierung von Ölförderprojekten in Nigeria. Der Unfalltod seiner kleinen Tochter brachte ihn dem Glauben näher. 1989 nahm er ein Theologiestudium auf und wurde 1993 zum Priester geweiht.

Anglikanische Kirche

Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein. In Glaubensfragen blieben die Anglikaner zunächst bei der katholischen Lehre; später setzten sich protestantische Einflüsse durch. 1549 erschien das erste anglikanische Glaubensbuch, das «Book of Common Prayer».

Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel (epd)
Die Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Erzbischofs / © Sambraus, Daniel ( epd )
Quelle:
KNA