Angekündigte Zusatzbeiträge lösen Debatte aus

Mehr Geld für klamme Kassen

Insgesamt acht gesetzliche Krankenkassen werden wohl Zusatzbeiträge einführen, darunter eine der größten deutschen Kassen, die DAK. Der Sozialverband VdK kritisiert die Entscheidung als unsozial. Die Opposition wirft dem Gesundheitsminister Tatenlosigkeit vor.

 (DR)

SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann bezeichnete den Zusatzbeitrag als "kleine Kopfpauschale", die unabhängig vom Einkommen erhoben werde. Sie warf Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor, dem Ausgabenanstieg im Gesundheitswesen tatenlos zuzuschauen. "Vom Gesundheitsminister ist kein einziger konkreter Vorschlag für eine Begrenzung der Ausgaben bekannt", so Reimann. Dem Minister fehle "offenbar der Mut, sich gegen die Pharmaindustrie in Stellung zu bringen".

"Damit verschieben sich die Lasten noch stärker einseitig auf die Arbeitnehmer und Rentner", sagte Präsidentin Ulrike Mascher der "Frankfurter Rundschau" (Montagsausgabe). Während Arbeitgeber verschont würden, müssten Menschen mit kleinen Einkommen die Kosten tragen. "Vor allem für viele Rentnerinnen sind acht Euro ein Betrag, der wehtut", sagte Mascher. Mehrere Krankenkassen wollen an diesem Montag bekanntgeben, ob sie demnächst einen monatlichen Zusatzbeitrag von ihren Versicherten verlangen werden.

DAK geht voran
Mindestens zehn Millionen Versicherte müssen in diesem Frühjahr mit Zusatzbeiträgen zu ihrer Krankenversicherung rechnen. Neben der DAK kündigten mehrere weitere Krankenkassen am Montag in Berlin an, im ersten Halbjahr 2010 Zusatzbeiträge von in der Regel acht Euro monatlich zu erheben. "Ich werde unserem Verwaltungsrat empfehlen, ab Februar pauschal acht Euro zu nehmen", sagte DAK-Chef Herbert Rebscher. Er bezeichnete die Kassen, die als erste die Zusatzbeiträge bekannt gemacht haben, als Tabubrecher.

Andere Kassen werden in den kommenden Wochen wohl folgen. Die Deutsche BKK will in der nächsten Woche bekanntgeben, ab wann und in welcher Höhe sie einen pauschalen Zusatzbeitrag erheben will.

Es werde keinen Sozialausgleich zur Abfederung der Zusatzbeiträge der Krankenkassen geben, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Im Zuge der Umsetzung der Gesundheitsreform werde es jedoch einen automatischen Sozialausgleich geben, wenn alle Versicherten die gleiche Prämie zahlen müssen. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) werde sich zudem die Ausgabenseite des Gesundheitssystems und hier insbesondere die Arzneimittelpreise sehr genau anschauen.

Gesamtdefizit von 7,8 Milliarden Euro
Die Linke forderte, auch die Einnahmen der GKV zu verbessern. Für Hartz-IV-Empfänger werde derzeit ein zu niedriger Beitragssatz abgeführt, kritisierte die gesundheitspolitische Sprecherin Martina Bunge. Die Grünen beantragten eine Aktuelle Stunde im Bundestag zur Gesundheitspolitik.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband lehnte die Zusatzbeiträge als unsozial ab und forderte eine Beitragsbefreiung für Versicherte mit niedrigem Einkommen. Zudem müsse die Versicherungspflichtgrenze aufgehoben werden, damit sich Besserverdienende nicht länger der Solidargemeinschaft entziehen könnten, in dem sie in die private Krankenversicherung wechselten, sagte der Vorsitzende Eberhard Jüttner.

Dem GKV-Spitzenverband zufolge beträgt das Gesamtdefizit der GKV in diesem Jahr 7,8 Milliarden Euro. Da die finanzielle Lage der einzelnen Krankenkassen unterschiedlich ist, wird auch der Zusatzbeitrag uneinheitlich sein.