Hintergrund: So funktioniert das System der Zusatzbeiträge

Pauschalen, Fristen, Kündigungsrecht

Die ersten gesetzlichen Krankenkassen haben die Einführung von Zusatzbeiträgen angekündigt. Seit dem Start des Gesundheitsfonds Anfang 2009 haben die Versicherer die Möglichkeit, ihre Mitglieder zusätzlich zur Kasse zu bitten, wenn sie mit deren Beiträgen finanziell nicht auskommen.

Autor/in:
Christiane Jacke
 (DR)

Mit dem Gesundheitsfonds wurde ein einheitlicher Beitragssatz für alle gesetzlich Versicherten eingeführt - derzeit liegt er bei 14,9 Prozent. Die Beiträge fließen gemeinsam mit einem Steuerzuschuss in den Gesundheitsfonds und werden von dort aus an die Kassen verteilt - je nach Versichertenstruktur. Pro Kopf der Beitragszahler erhalten die Kassen eine Grundpauschale. Je nach Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand der Mitglieder wird Geld dazugerechnet oder abgezogen.

Kommt eine Kasse mit dem ihr zugewiesenen Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht aus, kann sie von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag erheben - aber eben nur von jenen, die selbst Beiträge zahlen. Wer über Partner oder Eltern mitversichert (also familienversichert) ist, zählt zwar zu den Versicherten einer Kasse, nicht aber zu den Mitgliedern oder Beitragszahlern.

Die Kassen haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie verlangen von allen Mitgliedern den gleichen Zusatzbeitrag in Form einer Pauschale - diese darf acht Euro monatlich jedoch nicht überschreiten. Oder sie berechnen den Zusatzbeitrag einkommensabhängig - dafür müssen sie das Einkommen ihrer Mitglieder überprüfen. Auf diesem Weg dürfen die Versicherer maximal ein Prozent des Bruttoeinkommens als Zusatzbeitrag verlangen.

Von acht Euro Zusatzbeitrag bleiben fünf bis sechs
Die ersten Kassen, die nun Zusatzbeiträge angekündigt haben, wollen überwiegend Pauschalbeträge einziehen und dabei auch die Obergrenze von acht Euro ausreizen. Die Einkommensprüfung sei bürokratisch zu aufwendig, argumentieren sie. Selbst der einfachere Weg über die Pauschale verursache hohe Kosten. Kassenvertreter rechnen damit, dass ihnen von acht Euro Zusatzbeitrag lediglich fünf bis sechs Euro bleiben. Der Rest fließe in den Verwaltungsakt.

Wenn eine Kasse Zusatzbeiträge einführt, haben die Mitglieder die Möglichkeit, zu einem anderen Versicherer zu wechseln. Dazu gilt ein Sonderkündigungsrecht von zwei Monaten. Die Details: Die Kasse muss mindestens vier Wochen, bevor der Zusatzbeitrag zum ersten Mal fällig ist, über dies Sonderkündigungsrecht informieren. Der Versicherte wiederum muss bis zu diesem Fälligkeitsdatum seine Kündigung bei der Kasse einreichen. Dann bleibt er noch zwei volle Monate bei dem Versicherer und kann anschließend wechseln.

Ein Beispiel: Die Kasse führt zum 1. Februar einen Zusatzbeitrag ein. Das Geld muss am 1. März erstmals gezahlt werden. Bis zu diesem Datum hat der Versicherer Zeit, seine Kündigung einzureichen. Den März und April über bleibt er noch bei seiner alten Kasse und kann ab 1. Mai zu einem neuen Versicherer wechseln.

Neben der Option, Zusatzbeiträge zu erheben, haben Kassen grundsätzlich auch die Möglichkeit, ihren Mitgliedern Geld zurückzuzahlen, wenn sie Überschüsse erwirtschaften. Dies hat aber offenbar nur eine Minderheit der Versicherer vor. Nach einer Umfrage des Magazins "Focus" wollen zehn Kassen ihren Mitgliedern für dieses Jahr eine solche Prämie auszahlen - in Höhe von 25 bis 180 Euro pro Beitragszahler und Jahr. Die Mehrheit der rund 160 gesetzlichen Versicherer wird nach Brancheneinschätzung dagegen Extra-Kosten einführen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen geht davon aus, dass bis zum Jahresende und "spätestens im nächsten Jahr" schließlich auf alle gesetzlich Versicherten Zusatzbeiträge zukommen.