Angeblicher Kardinal übt mit Brief scharfe Kritik am Papst

Pseudonym "Demos II"

Ist ein Papst krank, läuten Kritiker nicht selten voreilig das nächste Konklave ein. Auch der 87-jährige Franziskus ist immer wieder betroffen. Aktuell durch den Brief eines anonymen Verfassers, der offenbar unerkannt bleiben will.

Hände von Kardinälen / © Katharina Ebel (KNA)
Hände von Kardinälen / © Katharina Ebel ( KNA )

Scharfe Kritik und zugleich Vorgaben für die nächste Papstwahl: In einem anonym verfassten Schreiben wendet sich ein angeblicher Kardinal gegen das amtierende Kirchenoberhaupt, Franziskus.

Papst Franziskus am Fenster des Apostolischen Palastes / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus am Fenster des Apostolischen Palastes / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Das rechtskonservative Portal "La Nuova Bussola Quotidiana" veröffentlichte den Text (Donnerstag) auf sechs Sprachen, darunter auch Deutsch. Der Zeitpunkt des Erscheinens fällt mit erneuten gesundheitlichen Problemen des Papstes zusammen. Seit Samstag zeigt der 87-Jährige Symptome einer leichten Grippe.

Unter Pseudonym "Demos" hatte Kardinal Pell geschrieben

Unterzeichnet ist das Dokument mit dem Titel "Der Vatikan von morgen" mit "Demos II". Unter dem Pseudonym "Demos" hatte der Anfang 2023 gestorbene australische Kardinal George Pell vor rund zwei Jahren ein ähnliches Memorandum verfasst. Seine Autorenschaft wurde erst posthum bekannt.

Kardinal George Pell / © Paul Haring (KNA)
Kardinal George Pell / © Paul Haring ( KNA )

Weil sich die Zustände in der Kirche seit Erscheinen von Pells Text nicht wesentlich verändert, geschweige denn verbessert hätten, baue das aktuelle Schreiben auf ihn auf, heißt es in der Einleitung. Die Anonymität begründet der Verfasser mit dem Satz: "Offenheit ist nicht erwünscht, und ihre Folgen können unerfreulich sein."

Zahlreiche Kritikpunkte am Papst

Der Autor wirft Franziskus einen "autokratischen, zuweilen scheinbar nachtragend wirkenden Regierungsstil" vor, "eine Nachlässigkeit in Fragen des Rechtes, eine Intoleranz selbst gegenüber respektvoll geäußerten Differenzen" sowie "ein Muster der Mehrdeutigkeit in Fragen des Glaubens und der Moral".

Weitere Kritikpunkte sind seine Nähe zum Jesuitenorden, jüngste Veröffentlichungen des vatikanischen Chefdogmatikers Kardinal Victor Fernandez und "das Entstehen einer kleinen Oligarchie von Vertrauten mit übermäßigem Einfluss innerhalb des Vatikans". Als Stärken des Pontifikats nennt das Schreiben etwa Franziskus' Einsatz für Arme und Schwache sowie für die Umwelt.

Vatikan äußert sich nicht zum Brief

Eine sieben Punkte umfassende Aufzählung gibt überdies wieder, wie sich der Verfasser einen künftigen Papst vorstellt. Dieser dürfe kein Alleinherrscher sein, müsse sich von seinem Kardinalskollegium beraten lassen. Zudem könne und dürfe er die Lehre der Kirche und ihre Ordnung nicht verändern oder beliebig neu erfinden.

Blick auf die Kuppel des Petersdoms und die Vatikanischen Gärten / © lara-sh (shutterstock)
Blick auf die Kuppel des Petersdoms und die Vatikanischen Gärten / © lara-sh ( shutterstock )

Mehrdeutigkeit in der Lehre sei zu vermeiden, ebenso Missachtung des Kirchenrechts.

Nach Angaben des Internetportals soll ein Kardinal Hauptautor des Textes sein; dieser habe zuvor Vorschläge anderer Kardinäle und Bischöfe zusammengetragen. Bereits mehrfach über Soziale Medien verbreitet hat das Schreiben etwa der bekannte Papstkritiker und frühere Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen (92). Der Vatikan äußerte sich bislang nicht zu dem Brief.

Kardinal

Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort "Kardinal" leitet sich vom lateinischen Wort "cardo" (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen. Der Papst bestimmt die Kardinäle frei. 

Der rote Pileolus ist das Erkennungszeichen eines Kardinals / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Der rote Pileolus ist das Erkennungszeichen eines Kardinals / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA