Amerikanischer Pfarrer über Trumps Jerusalem-Entscheidung

"Es hat ihn beflügelt"

Nach der Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt durch die USA ist der Nahe Osten in Aufruhr. Frank Kopania, evangelischer Pfarrer in Miami, berichtet im Interview von der Stimmungslage der Amerikaner.

 Trump erkennt Jerusalem als Israels Hauptstadt an / © Frank May (dpa)
Trump erkennt Jerusalem als Israels Hauptstadt an / © Frank May ( dpa )

Domradio.de: Man bekommt den Eindruck Trump handelt immer sehr impulsiv und denkt nicht groß über die Konsequenzen nach. War ihm bewusst, was er mit der Entscheidung für ein Erdbeben auslöst?

Frank Kopania (Ev. Pfarrer in Miami): Es mag ihm bewusst gewesen sein. Mein Eindruck ist, dass es ihn aber nicht wirklich interessiert hat, denn – im Gegenteil – es hat ihn eher beflügelt und es entspricht ja seiner Selbstverliebtheit und seiner Selbstbewunderung und es entspricht den Erwartungen seiner „America first“- Anhänger. Menschen mit einer solchen Struktur, die beflügelt ja so ein Wirbel um die eigene Person und um die Entscheidungen. Das macht eher Sorgen.

Domradio.de: Zum Amtsantritt hat Trump den Frieden in Nahost zu einem seiner politischen Ziele erklärt. Der Schritt mit der Botschaft ist da ja eher kontraproduktiv. Was steckt da für ein Plan dahinter?

Frank Kopania: Ich denke mal, dass die geäußerten Erwartungen an den Frieden im Nahen Osten eher ein diplomatisches Vehikel waren, um seinen Schwiegersohn Jared Kushner sowohl als präsidialen als auch als außenpolitischen Berater vor einem Jahr zu installieren und ihn akzeptabel zu machen. Das hat sich ja in der Zwischenzeit deutlich relativiert, auf der einen Seite. Auf der anderen Seite müssen sie wissen, dass ein Fünftel der amerikanischen Bevölkerung sehr konservative evangelikale Christen sind. Das sind 70 Millionen Christen. Da hat Trump 81 Prozent Zustimmung bei seiner Wahl erhalten. Da steckt ein enormes Potential.

Und außerdem haben wir sechs bis acht Millionen Juden in den USA. 6,2 Millionen leben in Israel. Das sind schon Zahlen, die bedeutsam sind. Menschen mit jüdischer Herkunft haben ihn nicht nur finanziell unterstützt, sie unterstützen ihn auch darin, dass er sich deutlich von der Politik seines Vorgängers absetzt, der ja eher ein distanziertes Verhältnis zur Politik Israels und den politische Verantwortlichen dort hatte.

Domradio.de: Es geht ihm nur um den eigenen Vorteil?

Frank Kopania: Ich nehme das so wahr. Zumindest wird das so deutlich, wenn man sich die inneramerikanischen Zusammenhänge und Reaktionen anschaut. Es ist ja mit außerordentlich großem Beifall aufgenommen worden. Amerikas Außenpolitik deckt sich jetzt mit der biblischen Wahrheit – so wurde es doch von sehr konservativen Kirchenführern schon Anfang Mai an Trump gefordert. Insofern kam großer Beifall außer dieser Ecke.

Domradio.de: Inwiefern spielt das Thema in Ihrer Gemeinde in Miami eine Rolle?

Frank Kopania: Ich glaube nicht, dass das präsent ist. Israel spielt eine Rolle. Für Christen, für Juden sowieso. Israel als das Heilige Land wird biblisch verklärt wahrgenommen, weil ja eine ganz direkte Beziehung hergestellt wird von den Zusagen an Abraham vor 4000 Jahren zu dem heutigen Staat Israel ohne die politischen Zwischenschritte zu bedenken. Die Konfliktlagen im Nahen Osten sind aber weit weg von dem Bewusstsein des Amerikaners.

Domradio.de: Wird sich Trumps Stellung durch diese Entscheidung verändern?

Frank Kopania: Ich denke es wird ihn stärken, denn dieser hohe internationale Wirbel wird als Bestärkung der „America first“- Politik wahrgenommen. Innenpolitisch wird er sich als ein vertrauenswürdiger Mensch darstellen, der seine Wahlversprechen hält, der trotz Wirbel Führungsstärke zeigt. Es steht zu befürchten, aus meiner persönlichen Sicht, dass ihn das eher stärken wird.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch


Trump erkennt Jerusalem als Israels Hauptstadt an  / © Alex Brandon (dpa)
Trump erkennt Jerusalem als Israels Hauptstadt an / © Alex Brandon ( dpa )
Quelle:
DR
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