Am Sonntag weiht Erzbischof Zollitsch seinen Nachfolger Burger

Der Brückenbauer

Vor elf Jahren wurde Robert Zollitsch in Freiburg zum Bischof geweiht. Am Sonntag weiht er selbst seinen Nachfolger Stephan Burger. Ein Rückblick auf den Mann, der sich selbst immer als "Brückenbauer" verstanden hat.

 (DR)

Am Sonntag schließt sich der Kreis. Elf Jahre nach seiner eigenen Bischofsweihe im Freiburger Münster wird Robert Zollitsch an gleicher Stelle seinem Nachfolger Stephan Burger die Hände auflegen und ihm den Bischofsstab übergeben. Für die katholische Kirche im Südwesten endet damit eine Ära. "Ich habe mich stets als Brückenbauer verstanden, zwischen Kirche und Welt wie zwischen den verschiedenen Gruppen in der Kirche", bilanzierte er

Zollitschs Aufstieg zum Freiburger Erzbischof kam 2003 überraschend - genauso wie nun die Wahl Burgers. Doch der frühere Personalreferent des Bistums nahm die neue Aufgabe engagiert an. Zollitsch rief die Christen auf, den gesellschaftlichen Wandel als Chance zu sehen und mitzugestalten. Schnell stieß er neue Seelsorge-Leitlinien für die Diözese an, wonach Kirche nur durch das gemeinsame Engagement aller Katholiken gelingen kann. Er begründete den jährlichen zentral gefeierten Diözesantag und setzte sich für ökologische Reformen ein.

Von Krieg und Vertreibung geprägt

Christen rief er auf, die "Gesellschaft mitzugestalten - Antworten zu geben auf drängende Fragen wie jene nach der Bewahrung der Schöpfung oder der wachsenden sozialen Ungleichheit".

Zollitschs Persönlichkeit und Religiosität sind unverkennbar durch die Vertreibungs- und Kriegserfahrungen seiner Jugend geprägt.

Geboren 1938 in Filipovo im ehemaligen Jugoslawien musste er als Kind mitansehen, wie Tito-Partisanen im November 1944 seinen Bruder und 200 weitere Dorfbewohner ermordeten. «Ich kann die Schüsse noch heute hören», sagt er. Mit seinen Eltern gelang ihm die Flucht in den Westen. Über Umwege kam er schließlich nach Mannheim. Zollitsch dachte über ein Studium der Literatur oder Geschichte nach. Es wurde dann doch Theologie. "Ich wollte anderen Menschen helfen, im Glauben ein sinnvolles Leben zu führen."

Vorsitzender der Bischofskonferenz

2008 wartete der nächste Karriereschritt: Die katholischen Bischöfe in Deutschland wählten ihn zum Vorsitzenden ihrer Konferenz.

Zollitsch stand damit bundesweit im Rampenlicht. Auch hier warteten große Herausforderungen auf den Donauschwaben. Intern vermittelte er zwischen den Kirchenflügeln. Zugleich warb Zollitsch dafür, dem Priestermangel und den sinkenden Katholikenzahlen durch eine größere Einbeziehung aller in der Kirche Engagierten zu begegnen.

Herausforderung Missbrauchsfälle

Anfang 2010 stürzte die Kirche mit dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen durch Priester und Ordensleute in eine Vertrauenskrise. Unter Zollitschs Führung gelang die Verabschiedung strenger kirchlicher Leitlinien zur Missbrauchsprävention und zur Reaktion auf Verdachtsfälle. Die Kirche übernahm in vielen Fällen Therapiekosten von Missbrauchsopfern und bot "Anerkennungszahlungen" an. Die im Südwesten traditionell engen Kontakte zwischen Protestanten und Katholiken pflegte Zollitsch auch auf Bundesebene.

Auch wenn bei ethischen Positionen - etwa bei Gentests an Embryonen oder im Familienbild - wiederholt unterschiedliche Positionen der Kirchen zutage traten.

Als Jahrhundertereignis und Höhepunkt seiner Arbeit erlebte Zollitsch dann den Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. im September 2011.

Dialogprozess

Dessen viel beachtete "Entweltlichungs-Rede" im Freiburger Konzerthaus bewertete er differenziert, und bedauerte ausdrücklich, dass manche Anregungen des deutschen Papstes in Deutschland nicht klar genug verstanden worden seien.

Zollitschs binnenkirchliches Vermächtnis ist der von ihm gegen manchen Widerstand begonnenen "Dialogprozess" zur Zukunft von Religion, Glaube und Kirche. Im Erzbistum Freiburg wie auf Bundesebene gab es mehrere Versammlungen und Treffen zu unterschiedlichen Zukunftsthemen. Zollitsch ging etwa in Sachen wiederverheiratete Geschiedene oder Transparenz der Kirchenfinanzen voran. In einem "Abschiedsbrief" dankte er den Katholiken seines Bistums für Unterstützung und Engagement. Das Leitmotiv seines Handelns sei gewesen, für eine missionarische, mutige und einladende Kirche einzutreten. Entscheidend sei, Christsein im Alltag zu leben.

Zugleich äußerte er Sorge und Bedauern über die "beständig zurückgehende Zahl an Gottesdienstbesuchern und Priestern". Die Herausforderungen für Zollitschs Nachfolger Stephan Burger sind benannt.


Quelle:
KNA