Als Benedikt 2006 seine Heimat Bayern besuchte

Das weiß-blaue Sommermärchen

Der Sommer 2006 dauerte in Deutschland fünf Wochen. Erst gab es vier Wochen Kaiserwetter bei der Fußball-WM. Danach musste Anfang September in Benedikt XVI. schon ein Papst kommen, um die Sonne erneut strahlen zu lassen.

Autor/in:
Barbara Just
Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak (KNA)
Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak ( KNA )

Ein Meer von gelb-weißen Fahnen und "Benedetto"-Rufe begrüßten am 9. September 2006 den bayerischen Papst, als dieser mit dem Papamobil durch die Münchner Innenstadt fuhr. 60.000 Menschen jubelten ihm bei herrlichem Spätsommerwetter zu, weitere 12.000 warteten im Zentrum auf ihn. An die Mariensäule auf dem Rathausplatz, wo sich 1982 Kardinal Joseph Ratzinger als Erzbischof von München und Freising nach Rom verabschiedet hatte, kehrte er nun als Oberhaupt der katholischen Kirche zurück.

Bayern gratulieren Benedikt XVI.  / © Julia Artes (dpa)
Bayern gratulieren Benedikt XVI. / © Julia Artes ( dpa )

Unter dem Motto "Wer glaubt, ist nie allein" kam Benedikt XVI. für sechs Tage in seine Heimat. Die Stationen München, Altötting, Marktl, Regensburg und Freising waren bewusst für die Pastoralreise gewählt, waren sie doch eng mit seinem Lebenslauf verbunden. Kurz nach der Papstwahl hatte Ratzinger selbst bekannt: "Mein Herz schlägt bayerisch, in meinem Amt gehöre ich der Welt."

Niemandem den Glaube aufdrängen

Zum Höhepunkt bei der Stippvisite in der Landeshauptstadt zählte der Sonntagsgottesdienst unter freiem Himmel auf dem Gelände der Neuen Messe München. Vor 250.000 Menschen lobte Benedikt XVI. die deutschen Katholiken für ihre "großartigen sozialen Aktivitäten" weltweit, forderte sie aber auch auf, nicht die Evangelisierung zu vergessen. Die westliche Welt ermahnte er, mehr Sensibilität in der Begegnung mit anderen Kulturen zu zeigen. Die Kirche dränge ihren Glauben niemandem auf, denn der Glaube könne nur in Freiheit geschehen.

Papst Benedikt in Altötting / © Matthias Schrader (dpa)
Papst Benedikt in Altötting / © Matthias Schrader ( dpa )

Am Montagmorgen schwebte Benedikt XVI. mit dem Hubschrauber in dem ihm seit der Kindheit vertrauten Marienwallfahrtsort Altötting ein. Zum stillen Gebet kniete er in der Gnadenkapelle vor der Schwarzen Madonna nieder, der er als Geschenk seinen Kardinalsring hinterließ. Seine Reise, wie schon seinen einstigen Hirtendienst im Erzbistum München und Freising, hatte er unter den Schutz der "Patrona Bavariae" gestellt.

Besuch des Geburtsorts Marktl am Inn

In seiner Predigt beim Gottesdienst vor 40.000 Menschen auf dem Altöttinger Kapellplatz sagte der Papst, von Maria könne man das rechte Beten lernen, aber auch die helfende Güte, Demut und Großzügigkeit, Gottes Willen anzunehmen. Wie Johannes Paul II. bei seinem Besuch im November 1980 betete Benedikt XVI. am Schrein des 1934 heiliggesprochenen Kapuzinerbruders Konrad von Parzham (1818-1894). Als siebenjähriger Junge war er einst dabei gewesen, als die Familie Ratzinger an den Feiern in Altötting teilnahm.

Innenhof des Geburtshauses von Papst Benedikt XVI. in Marktl am 12. August 2016.  / © Maria Irl (KNA)
Innenhof des Geburtshauses von Papst Benedikt XVI. in Marktl am 12. August 2016. / © Maria Irl ( KNA )

Als sich die letzten Sonnenstrahlen senkten, traf der Papst zum Besuch in seinem Geburtsort Marktl am Inn ein. In der heute mehr als 2.700 Seelen zählenden Gemeinde kam er am 16. April 1927 zur Welt. Der Weg führte Benedikt XVI. mit seinem Bruder Georg Ratzinger in die Sankt-Oswald-Kirche, um dort vor jenem Taufstein innezuhalten, über dem er einst mit Osterwasser getauft worden war.

Autobahnsperrung für den Papstbesuch

Das größte Abenteuer in Sachen Verkehrsplanung hatte die Diözese Regensburg zu bewältigen. Um den 250.000 Gottesdienstbesuchern am Dienstag auf dem Islinger Feld eine sichere An- und Abreise zu ermöglichen, wurde die Autobahn A 3 über Stunden gesperrt und zum Parkplatz für Pilgerbusse umgewidmet. Ein 16 Meter hohes und zehn Tonnen schweres Kreuz auf dem Gelände erinnert bis heute an das Ereignis.

Von 1969 bis 1977 hatte Ratzinger an der Regensburger Universität Dogmatik gelehrt. Nun kam er als Papst, sprach aber in der Aula wie ein Professor über Vernunft und Glaube. Ein Zitat über Mohammed sorgte dafür, dass die "Regensburger Rede" die islamische Welt damals in Aufruhr versetzte. Es hagelte Kritik, im Ausland gab es deshalb sogar Tote. Später hielt mancher die Ansprache für prophetisch.

Georg (l.) und Joseph Ratzinger am Grab der Eltern im Jahr 2006 / © Wolfgang Radtke (KNA)
Georg (l.) und Joseph Ratzinger am Grab der Eltern im Jahr 2006 / © Wolfgang Radtke ( KNA )

Der Mittwoch war als "privat" deklariert. Am Ende waren doch die Kameras dabei, als Benedikt XVI. in der Alten Kapelle in Regensburg die neue Benedikt-Orgel segnete und danach mit seinem Bruder das Grab der Eltern und der älteren Schwester Maria am Ziegetsdorfer Friedhof besuchte. Noch einmal verweilte er in seinem "Häusl" in Pentling, das inzwischen der nach ihm benannten Stiftung überschrieben ist und als Begegnungsstätte dient.

Abschied mit Dank und Wehmut

Tiefe Erinnerungen kamen auf, als der Papst im Freisinger Dom seinen letzten Stopp einlegte. Hier, wo er 1951 die Priesterweihe empfangen hatte, sah er sich seinen Mitbrüdern aus vergangenen und gegenwärtigen Tagen gegenüber. Spontan ging er auf die Probleme der Priester ein und ermutigte die Anwesenden dennoch, "mit Zuversicht voranzuschreiten".

Am nahe gelegenen Flughafen endete die Reise. Mit Dank und Wehmut im Herzen verabschiedete sich Benedikt XVI. Zum Abschluss sprach er als Gebet die erste Strophe der Bayernhymne "Gott mit Dir, du Land der Bayern", bevor er mit dem Flieger nach Rom entschwebte.

Quelle:
KNA
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