Alle Landtagsfraktionen offen für Islam-Feiertage in NRW

Freie Tage für Muslime?

Die Diskussion um die Einführung islamischer Feiertage in Deutschland gewinnt an Fahrt. Alle fünf Fraktionen im Düsseldorfer Landtag sind offen dafür, den Muslimen in Nordrhein-Westfalen solche Tage zu gewähren. Anders ist die politische Stimmungslage in Bayern. Die CSU spricht von Irrlichterei.

 (DR)

"Der Aufnahme muslimischer Feiertage in das Feiertagsgesetz NRW steht die SPD-Landtagsfraktion grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber", erklärte deren Vorsitzender Norbert Römer am Donnerstag. Für Römer wäre dies "in erster Linie ein symbolischer Akt". Nach gängiger Rechtsaufassung ergebe sich bereits aus den Bestimmungen des Grundgesetzes ein Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern "aus gewichtigen religiösen Gründen". Deshalb sehe er für die Einführung eines islamischen Feiertags im bevölkerungsreichsten Bundesland "keinen akuten Handlungsdruck", betonte der SPD-Fraktionschef.



Die Feiertagsregelung fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer. Zuletzt hatte sich der Hamburger Senat mit den muslimischen Verbänden darauf verständigt, einige islamische Feiertage wie etwa das Opferfest oder das Fest zum Abschluss des Ramadan als kirchliche Feiertage zu behandeln. Muslimische Arbeitsnehmer haben in Hamburg dann künftig das Recht auf einen freien Tag. In NRW leben nach Angaben des Düsseldorfer Integrationsministeriums zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Muslime. Dies entspricht einem Anteil von sieben bis acht Prozent an der Gesamtbevölkerung.



Nur mit Gegenleistung

CDU-Oppositionsführer Karl-Josef Laumann erklärte, Angehörige der Kirchen und der anerkannten Religionsgemeinschaften müssten "die Möglichkeit haben, ihre Feiertage angemessen zu begehen". Insofern trete er dafür ein, das Verfahren zur Anerkennung einer islamischen Religionsgemeinschaft von staatlicher wie von islamischer Seite "konstruktiv voranzubringen". Die Einführung eines gesetzlichen islamischen Feiertages in NRW mache "weitere, auch grundgesetzliche und staatskirchenrechtliche Diskussionen notwendig", sagte Laumann gegenüber der KNA. Eine solche Debatte wünsche er sich umgekehrt aber auch "in islamisch geprägten Ländern mit einem nennenswerten Prozentsatz an Christen".



Die FDP-Landtagsfraktion tritt dafür ein, Feiertagsregelungen für große religiöse Minderheiten wie Muslime, Aleviten oder Orthodoxe "zu prüfen". Vorbild sollten dabei Regelungen an nicht gesetzlichen, christlichen Feiertagen sein, an denen Schüler auf Antrag schulfrei erhalten und Arbeitnehmer freinehmen könnten, erklärte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Joachim Stamp auf Anfrage.

Einen verbindlichen muslimischen Feiertag für alle Einwohner in NRW lehne die FDP jedoch ab.



Auch die Grünen im Landtag befürworten, dass sich Schüler und Arbeitnehmer an islamischen Feiertagen freinehmen können. "Was in Hamburg durch einen Staatsvertrag geregelt werden soll, ist in Nordrhein-Westfalen längst gängige Praxis", erklärte der Integrations-Experte der Landtags-Grünen, Arif Ünal. Für die Piratenfraktion hat der Hamburger Vertrag "durchaus Vorbildcharakter für eine nachhaltige Integration von islamischen Religionsgemeinschaften", wie deren Vorsitzender Joachim Paul auf Anfrage erklärte. "Wir können uns daher eine ähnliche Regelung auch in NRW vorstellen." Der freie Tag müsse durch Urlaub oder Nacharbeit abgedeckt sein.



NRW-Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) nannte die Hamburger Vereinbarung "ein positives Signal". Die Landesregierung pflege mit den muslimischen Organisationen "einen Dialog auf Augenhöhe", der letztendlich das Ziel verfolge, diese wachsende religiöse Minderheit in NRW "durch einen Staatsvertrag und somit als Religionsgemeinschaft anzuerkennen". Regierungssprecher Thomas Breustedt erklärte, auch ohne vertragliche Regelung sei es in Nordrhein-Westfalen bereits "gängige Praxis", dass muslimische Arbeitnehmer an islamischen Feiertagen freinehmen könnten, "sofern die Arbeitsabläufe das zulassen". Schüler könnten sich bei der Schulleitung für drei islamische Feiertage pro Jahr beurlauben lassen. Eine solche Beurlaubung gelte während der gesamten Schulzeit an der betreffenden Schule.



CSU: Irrlichterei

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zeigt sich offen für den FDP-Vorschlag, islamische Feiertage in Bayern einzuführen. "Die Religionsfreiheit in unserem Land muss ernst genommen werden", sagte der evangelische Theologe am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Daher spreche auch nichts dagegen, im Gespräch mit allen Beteiligten zu einer gesetzlichen Lösung zu kommen. Es sei ohnehin schon bei vielen Arbeitgebern Praxis, dass Muslime, wie in der Hamburger Lösung vorgesehen, an ihren religiösen Feiertagen freinehmen können, sagte Bedford-Strohm. "Dass die Ausübung von Religion nicht einfach nur Privatsache ist, sondern öffentlichen Schutz genießt, ist sehr wichtig für unsere Gesellschaft." Das gelte für alle Religionen.



Die CSU-Landtagsfraktion übte harsche Kritik an der Forderung. "Es kann nicht sein, dass sie in einem christlich geprägten Land wie Bayern einerseits Stille Feiertage wie Allerheiligen oder Buß- und Bettag beschneiden möchte, andererseits sich für die Einführung von islamischen Feiertagen ausspricht", sagte CSU-Fraktionschef Georg Schmid am Donnerstag in München. Mit seiner Partei sei dies nicht zu machen. Schmidt warf der FDP-Politikerin weiter vor, ihr Ziel sei es, alles Christliche zurückzudrängen. "In christlichen Fragen kann ihr unser Land nicht säkular genug sein." Gleichzeitig jedoch islamische Feiertage zu fordern sei "Irrlichterei".



Bereits am Mittwoch hatte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, muslimische Feiertage mit dem Hinweis auf die christlich-jüdische Tradition in Deutschland abgelehnt. "Doch muss die Gesellschaft, müssen Arbeitgeber oder Schulen es einrichten, dass Muslime sich auf eigenen Wunsch solche Tage problemlos freinehmen können", sagte er in einem Zeitungsinterview.



Das Kommissariat der katholischen Bischöfe, das in landespolitischen Belangen für die fünf Bistümer in NRW spricht, bittet um Geduld. Man habe sich bislang nicht mit den Bischöfen absprechen können, deshalb könne man zu diesem Thema noch nicht Stellung beziehen.