Begleitet von Protesten ist auf der indonesischen Insel Bali am Dienstag die Welthandelskonferenz eröffnet worden. Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo, warb vor Vertretern von 159 Ländern für den Abschluss eines globalen Handelsabkommens. Dafür sei Kompromissbereitschaft nötig. Die angestrebten Handelserleichterungen bedeuteten eine Stärkung des Welthandels in Höhe von jährlich bis zu einer Billion US-Dollar.
Unterdessen demonstrierten Aktivisten auf Bali gegen die WTO und für das Recht auf Ernährung.
Nach Meinung des indonesischen Handelsministers und Konferenzpräsidenten Gita Wirjawan würden alle Staaten von den zu beratenden Vorschlägen des sogenannten Bali-Pakets profitieren, besonders die Landwirtschaft in Entwicklungsländern. Ein Scheitern wäre zum Nachteil aller beteiligten Staaten, warnte der Gastgeber der bis Freitag dauernden Konferenz.
Keine Einigung auf gemeinsame Vorlage
Bei den Vorverhandlungen am WTO-Sitz in Genf war es den Vertragsstaaten nicht gelungen, sich auf eine gemeinsame Vorlage für die Ministerkonferenz zu einigen. Umstritten blieb bis zuletzt das Thema Ernährungssicherheit. Eine Gruppe von Entwicklungsländern fordert die Erlaubnis, Lebensmittelvorräte zu staatlich festgelegten Preisen zu bilden.
Im Zentrum von Balis Hauptstadt Denpasar, 25 Kilometer vom Konferenzzentrum entfernt, demonstrieren gut 1.000 Menschen gegen die WTO. Ein internationales Bündnis von sozialen Bewegungen und Entwicklungsorganisationen hatten zu dem Protest aufgerufen. Die Aktivisten forderten die Abschaffung der WTO und ein Handelssystem, das sich an den Bedürfnissen der Menschen besonders in ärmeren Staaten orientieren soll. Nach der Eröffnungszeremonie demonstrierten auch Aktivisten und Bauerngruppen aus über 30 Ländern für Garantien zur Ernährungssicherheit.
Momentan werden vor allem Indien und über 40 weitere Entwicklungs- und Schwellenländer dafür verantwortlich gemacht, dass die Verhandlungen über das Bali-Paket stocken. Indien beharrt darauf, staatliche Nahrungsmittelreserven zu bilden, um seine Bevölkerung in Krisenzeiten mit billigen Lebensmitteln versorgen zu können. Solche Käufe und Verkäufe zu festgelegten Preisen gelten nach bisherigen WTO-Regeln als Subventionen und sind daher nur in eng begrenztem Rahmen erlaubt.
Kritik von "Brot für die Welt"
"Indien hat das Recht, staatliche Maßnahmen zur Ernährungssicherheit und gegen Hunger zu ergreifen", betonte der Handelsexperte Heinz Fuchs von "Brot für die Welt". Entwicklungspolitisch sei es unverantwortlich, dass Industriestaaten, darunter Deutschland, direkten Druck auf die indische Regierung ausübten.
Das umstrittene Bali-Paket umfasst drei Teilaspekte der 2001 gestarteten WTO-Verhandlungen der sogenannten Doha-Runde:
Handelserleichterungen durch vereinfachte Zollrichtlinien, Veränderung der Subventionsrichtlinien im Agrarbereich und Ausnahmeregelungen für die ärmsten Staaten.
Ursprüngliches Ziel der Doha-Runde war ein verbindliches Regelwerk für den weltweiten Handel. Doch die Verhandlungen gerieten ins Stocken, ohne greifbare Ergebnisse zu zeitigen. Sollte auch die bis 6. Dezember dauernde Bali-Konferenz keine Einigung bringen, halten viele Experten das Bemühen der WTO um multilaterale Handelsabkommen für gescheitert.