Ahrbrück wehrt sich gegen Profanierung nach Flutkatastrophe

"Es darf nicht der schnöde Mammon regieren"

St. Andreas in Ahrbrück ist nach der Flut ein wirtschaftlicher Totalschaden. Das Bistum Trier will die Kirche deshalb entweihen und bietet ein alternatives Konzept an. Eine Gruppe von Bürgern des Ortes wehrt sich allerdings dagegen.

Aufräumarbeiten an St. Andreas, Ahrbrück, 2021 / © Thomas Frey (dpa)
Aufräumarbeiten an St. Andreas, Ahrbrück, 2021 / © Thomas Frey ( dpa )

DOMRADIO.DE: Das Bistum Trier will die Kirche nicht erhalten, aus mehreren Gründen. Sie sagen, die Kirche muss erhalten bleiben. Warum?

Michael Genn (Bürger aus Ahrbrück): Da gibt es gleich mehrere Gründe. Die Gutachterberechnung spricht von wirtschaftlichem Totalschaden. Wenn man sich die ganze Situation im Ahrtal einmal genauer ansieht, gerade auch in einer kleinen Gemeinde wie Ahrbrück, wo so viele Tote auch unmittelbar an dem Kirchengelände zu beklagen sind, dann kann man diese Räume nicht einfach wirtschaftlich berechnen. Die muss man einfach erhalten. Die könnten auch erhalten werden, wenn das Bistum Trier nicht von vornherein sofort mauern und abblocken würde.

Es gibt auch Schriftwechsel, wo seit Oktober angefragt wird, ob man nicht die Kirche für einen symbolischen Preis von einem Euro abkaufen könnte. Da könnte ich Ihnen Namen nennen, Email-Kontakt, wo überhaupt nicht reagiert wird. Es gibt also mehrere Möglichkeiten, aber es wird einfach nicht reagiert.

Aufräumarbeiten an St. Andreas, Ahrbrück, 2021 / © Thomas Frey (dpa)
Aufräumarbeiten an St. Andreas, Ahrbrück, 2021 / © Thomas Frey ( dpa )

DOMRADIO.DE: Ein Schaden von 2,5 Millionen Euro wird beklagt. Das schätzt das Bistum Trier. Wie wollen Sie diese Summe denn zusammenbringen?

Genn: Wir hatten zunächst überlegt, das über Crowdfunding zu machen. 2,5 Millionen Euro ist natürlich eine ordentliche Summe. Aber Sie können natürlich alles so zurechtrechnen, wie Sie möchten, zum Positiven und Negativen. Es gibt hier ganz klare Pläne und Vorhaben. Die klassische Kirche mit zwei Gottesdiensten in der Woche wird es nicht mehr geben. Stattdessen würde sich anbieten, weil man eben dieses Gebäude hat, das ebenerdig anfahrbar ist, es für andere Zwecke zu nutzen. Für Leute jeglichen Alters, mit Kinderwagen, mit Rollatoren, zugänglich zu machen. Man könnte hier in die Planung gehen, Räume der Begegnung zu schaffen. Seniorencafés, Begegnungsstätten für Kinder, für ausländische Mitbürger und Einheimische. Man könnte auch ein Kulturzentrum schaffen.

DOMRADIO.DE: Das Bistum schlägt ja kein Ende des Gemeindelebens vor, sondern bietet als Ausweichlösung eine Marienkirche in der Nähe an. Ist das keine Alternative?

Genn: Wenn ich diese Argumentation oder Nicht-Argumentation von Herrn Ackermann höre ... Ich habe ihn selber eingeladen, dass wir uns mal die Marienkirche zusammen auf der Wallfahrt ansehen. Wir nehmen gerne die Landesmutter von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, mit. Dann wollen wir mal gucken, wie man diese Kapelle überhaupt erreichen kann, das ist zumindest nicht ohne großen Aufwand möglich.

DOMRADIO.DE: Wie sieht das mit den Kosten aus?

Genn: Wenn das Bistum die Kirche nicht profanieren würde, würde eine Abrisssumme von über 545.000 Euro erspart bleiben. Man könnte schon, wenn man wollte. Man muss vielleicht mal auch in dieser Zeit, wo so viele negative Schlagzeilen durch die Kirche gemacht werden, als katholische Kirche mal was Gutes tun. Man hätte die Möglichkeit, eine absolut positive Schlagzeile zu präsentieren. Und vielleicht wird der eine oder andere schon nachdenken.

DOMRADIO.DE: Wie stellen Sie sich denn vor, an diese Kirche zu kommen? Also soll das Bistum Ihnen die schenken?

Genn: Ich bin nur der Mittler. Das sind die Leute, die Bevölkerung vor Ort aus Ahrbrück und Umgebung, denen einfach diese Stätten der Begegnung - und da gehört eine Kirche eben dazu -  ganz wichtig sind. Man könnte den Altar erhalten und man könnte auch einfach mal irgendwo einen Raum haben, wo man trauern kann. Das sind Sachen, die einfach wichtig sind. Und wenn wir so viele betroffene Bevölkerungsgruppen haben, ja gerade im Ahrtal, dann darf da nicht der schnöde Mammon regieren. Der Verein bietet sich an, er hat super Pläne und Ideen, die man auch umsetzen kann. Das Bistum wäre ja letztendlich finanziell raus aus der Nummer. Da müsste es doch einen Weg geben, zusammenzufinden.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Bistum Trier will St. Andreaskirche in Ahrbrück profanieren

Bei einer Versammlung am 4. April haben der Trierer Bischof Stephan Ackermann, Vertreterinnen und Vertreter des Bischöflichen Generalvikariats in Trier sowie Pfarrer Axel Spiller rund 100 Interessierte über die geplante Profanierung (Entweihung) und die notwendige Niederlegung der Filialkirche St. Andreas sowie die Niederlegung des angrenzenden Pfarrhauses in Ahrbrück informiert.

Bischof Stephan Ackermann / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Stephan Ackermann / © Harald Oppitz ( KNA )

 

Quelle:
DR
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