Wiedereinweihung der Kölner Synagoge vor 60 Jahren

Älteste jüdische Gemeinde in Deutschland

Nach dem Krieg beteten die wenigen überlebenden Kölner Juden in Trümmern ihrer Synagoge. Ein hoffnungsloses Szenario. Doch dabei blieb es nicht. Schließlich kam sogar ein Papst zu einem bemerkenswerten Besuch.

Autor/in:
Andreas Otto
Im Jahr 2005: Papst Benedikt XVI. besucht die Kölner Synagoge / © Christian Wölfel (KNA)
Im Jahr 2005: Papst Benedikt XVI. besucht die Kölner Synagoge / © Christian Wölfel ( KNA )

Erst sah es gar nicht nach Wiederaufbau aus. Rund 11.000 Kölner Juden waren in der Nazi-Zeit ermordet worden. Der einst blühenden Gemeinde in der Stadt gehörten nach dem Krieg nur noch wenige Überlebende an. Da erschien es sinnlos, die in der Pogromnacht vom 9. November 1938 in Brand gesetzte Synagoge in der Roonstraße neu zu errichten.

Doch es kam anders. Vor 60 Jahren - am 20. September 1959 - wurde sie eingeweiht. Anlass für eine Feierstunde am Freitag mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) und weiterer Polit-Prominenz.

Älteste jüdische Gemeinde in Europa nördlich der Alpen

Es war ein Höhepunkt in der bewegten und fast 1.700 Jahre alten Geschichte der Kölner Gemeinde, die als älteste in Europa nördlich der Alpen und in Deutschland gilt. Erstmals erwähnte der römische Kaiser Konstantin in einem Edikt aus dem Jahr 321 eine jüdische Gemeinde in Köln. Die Juden konnten in Köln leben, bis sie 1423 vom Rat der Stadt verwiesen wurden. Erst unter französischer Besatzung durften sie 1798 zurückkehren. In den folgenden Jahrzehnten wurden mehrere Synagogen gebaut, darunter 1861 ein großer Komplex in der Glockengasse und 1899 das Gotteshaus an der Roonstraße im neo-romanischen Stil.

All diese Synagogen und Bethäuser in Köln wurden dann 1938 in Brand gesetzt, zerstört und geplündert. Vor der NS-Zeit hatte Köln mit rund 18.000 Mitgliedern die fünftgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland.

Nach dem Einmarsch der Alliierten schlüpften 30 bis 40 Juden "aus ihren Löchern", wie es der erste Gemeinderabbiner nach dem Krieg, Zvi Asaria, formulierte.

Gottesdienst in Trümmern

Zum Gottesdienst kamen die wenigen Kölner Juden zunächst in den Trümmern an der Roonstraße zusammen. Später gab es in der Ottostraße einen Betsaal und dann eine kleine Synagoge. Da in den 1950er Jahren die Gemeinde durch Auslandszuzug wieder wuchs, beschloss der Vorstand 1956, die Synagoge in der Roonstraße wieder aufzubauen.

Geplant wurde ein Zentrum mit Saal, Verwaltungstrakt, Jugendheim, Kindergarten und Altersheim. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU), der einst von den Nazis abgesetzte Kölner Oberbürgermeister, machte sich für das Projekt stark. Finanzmittel kamen vom Land Nordrhein-Westfalen. Der Architekt Helmut Goldschmidt hielt im Wesentlichen am Aussehen des alten Baus fest.

An der Eröffnung 1959 nahmen zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirche und Kultur teil. "Neben der Freude standen sicherlich auch die Schatten der Vergangenheit", heißt es im Gemeindeblatt. "Die Situation in Köln war damals keineswegs so, dass man von einem friedlichen Miteinander von jüdischen und nichtjüdischen Kölner Bürgern hätte sprechen können." Rabbiner Asaria wird mit den Worten zitiert: "Wir werden toleriert. Das ist alles." Adenauer erinnerte in seiner Rede an das Leid durch die Nazis und bekundete die Hoffnung "auf eine andere, gute Zukunft". Inzwischen ist Köln mit rund 5.000 Mitgliedern eine der größten jüdischen Gemeinden in Deutschland.

Benedikt XVI. besuchte Synagoge beim Weltjugendtag 2005

Einen historischen Besuch erlebte die Synagoge 2005. Beim Kölner Weltjugendtag besuchte der damalige Papst Benedikt XVI. das Gotteshaus. Als er die Eingangshalle passierte, in der an die 11.000 ermordeten Kölner Juden und ihrer sechs Millionen beim Holocaust getöteten Glaubensgenossen erinnert wird, sprach Rabbiner Netanel Teitelbaum das jüdische Trauergebet "Kaddisch". Bei der Visite hob das katholische Kirchenoberhaupt die Gemeinsamkeiten der beiden Religionen hervor und verurteilte jeden Antisemitismus.

Zwei Jahre später erfolgte eine weitere besondere katholisch-jüdische Begegnung. Der damalige Kölner Kardinal Joachim Meisner gab der Gemeinde eine restaurierte Thora-Rolle zurück. Die 1902 gefertigte Schrift stammt ursprünglich aus der Synagoge in der Glockengasse. Der katholische Priester Gustav Meinertz hatte sie 1938 aus dem brennenden Gebäude gerettet und nach dem Krieg der Gemeinde übergeben. Später übernahm das Erzbistum Köln die rund 12.000 Euro für die Restaurierung. Teitelbaum nahm die Thora-Rolle 2007 beim Gedenken an die Opfer des Pogroms entgegen und betonte, dass sich damit eine Wunde im Herzen der jüdischen Gemeinde schließe.


Synagoge in Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Synagoge in Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Fensterrosette und Menora in der Synagoge der Synagogen-Gemeinde Köln / © Julia Steinbrecht (KNA)
Fensterrosette und Menora in der Synagoge der Synagogen-Gemeinde Köln / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA