ADVENIAT im domradio zur UNICEF-Affäre

"Wir machen uns große Sorgen"

Als Folge der Untreue-Vorwürfe gegen das Kinderhilfswerk UNICEF befürchten deutsche Hilfsorganisationen künftig eine sinkende Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Bei Adveniat, dem Lateinamerika-Hilfswerk der Katholischen Kirche, seien bereits viele Anfragen von verunsicherten Spendern eingegangen, sagte Sprecher Christian Frevel im domradio. Inzwischen kritisieren auch mehrere UNICEF-Großspender das Kinderhilfswerk.

 (DR)

Der Blumengroßhändler Fleurop forderte nach einem Vorabbericht der "Frankfurter Rundschau" UNICEF müsse transparenter werden. "Unsere Floristinnen stehen jeden Tag im Laden und müssen sich rechtfertigen", sagte Fleurop-Sprecherin Winnie Lechtape der Zeitung. "Wir haben Unicef vertraut und fordern jetzt ganz klare Rechenschaft."

Dem Blatt zufolge können Kunden bei einen UNICEF-Blumenstrauß erwerben, von dessen Kaufpreis vier Euro an das Kinderhilfswerk gehen. Rund 100 000 Euro kommen so jährlich für Unicef zusammen.

Die Dresdner Bank teilte mit: "Wir beobachten Unicef aufmerksam." Bei dem Unternehmen Payback wächst die Kritik der Kunden, die Sammelpunkte an UNICEF spenden können. "Die Kunden rufen zu Hunderten in unserem Call-Center an und wollen ihre Sammelpunkte zurück", sagte Payback-Sprecherin Nina Purtscher dem Blatt. "Das setzt uns unter Druck." Geschäftsführer Alexander Rittweger habe UNICEF dazu aufgefordert, personelle Konsequenzen aus den Vorwürfen zu ziehen und wolle sich bald mit dem UNICEF-Vorsitzenden Reinhard Schlagintweit treffen.

"Irgendwas bleibt immer in den Köpfen hängen"
ADVENIAT-Sprecher Christian Frevel sagte im domradio, noch sei kein Rückgang bei den Spenden erkennbar, sagten Vertreter verschiedener Wohlfahrtsverbände auf ddp-Anfrage. Dafür sei es noch zu früh, negative Auswirkungen seien jedoch absehbar. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) prüft inzwischen, ob UNICEF das sogenannte Spenden-Siegel, ein Gütezeichen für Spendenorganisationen, behalten darf.

"Irgendwas bleibt immer in den Köpfen hängen", sagte Uwe Demuth, Referent für humanitäre Auslandshilfe beim Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, in Berlin. Der Spendenmarkt sei besonders sensibel. Wenn in zwei oder drei Monaten Spenden für eine Katastrophenregion gesammelt würden, mache sich die aktuelle Diskussion um UNICEF sicher bemerkbar.

"Es ist nie förderlich, wenn vermeintlich oder real Unregelmäßigkeiten vorkommen", sagte auch der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher. "Darunter leiden immer alle Organisationen, die auf Spendengelder angewiesen sind", sagte er. "Wir werden die richtigen Auswirkungen vermutlich erst in einigen Monaten spüren", betonte Manuela Roßbach, Geschäftsführerin von "Aktion Deutschland Hilft" (ADH), einem Bündnis von zehn großen deutschen Hilfsorganisationen für Noteinsätze im Ausland. Möglich seien aber nicht nur Verluste von Spendern, sondern auch eine Umverteilung. Einige Förderer, die von UNICEF weggegangen seien, hätten sich bereits bei ADH nach neuen Spendenmöglichkeiten erkundigt, sagte Roßbach.