Adveniat-Aktion zur Seelsorge in Großstädten Lateinamerika

Metropolen menschlicher machen

Das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat eröffnet am Sonntag in Gelsenkirchen seine bundesweite Weihnachtskampagne. Sie hat das Motto "Gott wohnt in ihrer Mitte" und stellt die Großstadtseelsorge in den Metropolen Mittel- und Südamerikas ins Zentrum. Höhepunkt der Aktion ist die Spendensammlung an Weihnachten in allen Gemeinden. 2007 kamen gut 36 Millionen Euro zusammen.

Autor/in:
Johannes Schönwälder
 (DR)

Die großen Städte Lateinamerikas werden immer größer. Die peruanische Hauptstadt Lima etwa hat gut acht Millionen Einwohner. Sao Paulo in Brasilien bringt es auf mindestens elf Millionen. Genau weiß das niemand. Täglich wandern Hunderte hinzu.

Aus dem armen Umland kommend, landen sie meist in den Favelas der Vorstädte - ohne Arbeit, ohne Familie in einer von Gewalt und Kriminalität geprägten Atmosphäre. Diese Metropolen menschlicher zu machen, dazu will das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat mit seiner Jahresaktion 2008 beitragen. Sie wird am Sonntag in Gelsenkirchen feierlich eröffnet und steht unter dem Motto: "Gott wohnt in ihrer Mitte".

"Der Weg in die Stadt ist oft genug auch der Weg in die Armut"
"Perspektivlosigkeit führt auch oft zu Alkohol- und Drogenkonsum", erläutert Adveniat-Geschäftsführer Bernd Klaschka. Wer seiner Wurzeln beraubt sei, finde nur schwer neue Kontakte. Weitere Folgen der Landflucht seien etwa Straßenkinder sowie Obdachlosigkeit im Allgemeinen - ein Phänomen, das es so bislang dort nicht gegeben habe. Der emeritierte Essener Weihbischof und frühere Adveniat-Vorsitzende Franz Grave ergänzt: "Der Weg in die Stadt ist oft genug auch der Weg in die Armut."

"Das sind ja Hütten", erläutert Grave, der wie Klaschka erst kürzlich wieder einige der Metropolen besucht hat. So etwas könne man nicht einmal Hunden zumuten. "Die Stadtsituation macht krank", ist er sich sicher. Hier also versucht die Kirche zu helfen.

"Metropolen menschlicher machen", formuliert Klaschka die Devise.
Adveniat wolle mit der diesjährigen Aktion veranschaulichen, "wie seine Projektpartner sich den besonderen Herausforderungen städtischer Räume stellen". Etwa 100 Veranstaltungen zum Thema sind in den Adventswochen in Deutschland geplant. Dabei werden Gäste aus Lateinamerika über ihre Projekte und ihre Erfahrungen berichten. Am Heiligen Abend und an Weihnachten dann haben die deutschen Katholiken die Möglichkeit, mit ihrer Spende die Arbeit der Kirche dort zu unterstützen.

Von der "Komm-her-Kirche" zur "Geh-hin-Kirche"
Großstadtpastoral müsse sich wandeln, ist Klaschka sich sicher. Aus der "Komm-her-Kirche" müsse eine "Geh-hin-Kirche" werden. Die Seelsorge könne auf die Menschen einwirken, selbst aktiv zu werden. Als Beispiel nennt der Adveniat-Geschäftsführer die Initiative von Franziskaner-Brüdern in Sao Paulo. Die hätten die zumeist als Müllsammler arbeitenden Menschen angeleitet, sich zu organisieren. In der so geschaffenen Kooperative sammeln und vermarkten sie das Wertvolle aus den Resten der Großstadt gemeinsam. Die Helfer seien Begleiter und Lehrer. "Aber ganz wichtig ist: Die Menschen müssen das selbst wollen."

Klaschka, der selbst als Priester in Mexiko aktiv war, plädiert auch für ein Ende der Großpfarreien, in denen ein Priester 100.000 Menschen betreut. Effektiver seien kleine Gruppen. "Kirche sollte dem Menschen auch eine Heimat bilden, wo er sich als Person, als in seiner Würde respektierte Person erfährt." Außerdem sollten Laien stärker eingebunden und mit mehr Verantwortung ausgestattet werden.

Das Modell hält Klaschka auch für auf Deutschland übertragbar. "Wir haben bewusst das Bistum Essen zum Ausgangspunkt unserer bundesweiten Aktion ausgesucht." Ein Grund neben dem 50-jährigen Bestehen der Diözese 2008 sei auch die Tatsache, dass man hier mit den Herausforderungen der Großstadtpastoral bestens vertraut sei.

Die Fragen lauteten auch hier, wie erreiche ich die Menschen, und wie gibt man den Städten ein menschlicheres Gesicht. In Ruhrbischof Felix Genn, der jetzt den Vorsitz des 1961 von der Deutschen Bischofskonferenz gegründeten Hilfswerks übernommen hat und den Eröffnungsgottesdienst am 30. November zelebriert, werden die Erfahrungsberichte aus Lateinamerika deshalb auf große Aufmerksamkeit stoßen.