1,8 Millionen Demenzkranke in Deutschland

Wundermedikament bislang nicht in Sicht

Eine Demenzerkrankung bringt für Betroffene und Angehörige viele Herausforderungen mit sich. Wirksame Therapien gibt es trotz intensiver Forschung noch keine. Die Woche der Demenz wirbt für einen veränderten Umgang mit der Krankheit.

Autor/in:
Christoph Arens
Nachdenkliche ältere Frau / © Krakenimages.com (shutterstock)
Nachdenkliche ältere Frau / © Krakenimages.com ( shutterstock )

Einige wichtige Fakten im Überblick:

Was bedeuten eigentlich Demenz und Alzheimer?

Demenz ist ein Oberbegriff für verschiedene Krankheiten. Sie zählen zu den häufigsten Erkrankungen im höheren Lebensalter. Betroffene leiden unter einem andauernden oder fortschreitenden Verlust von Fähigkeiten des Gedächtnisses, des Denkens und/oder anderer Leistungsbereiche des Gehirns. Oft kommt es auch zu Veränderungen des Verhaltens. Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz: Rund 60 Prozent aller Demenzen werden durch sie hervorgerufen. Die Alzheimer-Krankheit ist benannt nach dem Psychiater Alois Alzheimer, der 1906 erstmals die für die Erkrankung typischen Ablagerungen im Gehirngewebe beschrieb.

Was verursacht die Krankheit?

Jahrzehntelang hat sich die Forschung auf Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn konzentriert, die die Nervenzellen schädigen. Mittlerweile gehen Wissenschaftler aber von mehreren krankhaften Entwicklungen aus, die zusammenspielen: den Ablagerungen außerhalb der Zellen, Eiweißverklumpungen innerhalb der Zellen und Fehlfunktionen des Immunsystems. Diese Faktoren reagieren offenbar über Jahrzehnte miteinander. Das bedeutet auch, dass die Erkrankung nicht erst beginnt, wenn sich erste Anzeichen von Gedächtnisstörungen zeigen. Sie beginnt fast 20 oder 30 Jahre früher - zu einem Zeitpunkt, an dem keiner etwas davon merkt.

Wie häufig sind Demenzerkrankungen?

In Deutschland leben zurzeit etwa 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. Experten schätzen, dass 2050 bundesweit rund drei Millionen Menschen betroffen sein könnten. Weltweit haben etwa 55 Millionen Menschen eine Demenzerkrankung, zwei Drittel davon in Entwicklungsländern. Bis 2050 wird die Zahl voraussichtlich auf 139 Millionen steigen, besonders dramatisch in China, Indien, Südamerika und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara.

Kann man einer Demenz vorbeugen?

Nur etwa ein Prozent der Demenzerkrankungen sind erblich bedingt. Das größte Risiko ist das Alter. Nach dem 65. Lebensjahr verdoppeln sich Erkrankungen alle fünf Jahre. Aber auch der Lebensstil ist von Bedeutung: Übergewicht, Bluthochdruck oder Entzündungen spielen eine Rolle. Regelmäßiger Sport im mittleren Lebensalter senkt das Demenzrisiko, viel psychischer Stress erhöht es.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Demenz ist bisher nicht heilbar. Ein Wundermittel ist nicht in Sicht; bisherige Medikamententests verliefen enttäuschend. Therapien erwarten Experten erst in Jahrzehnten. Vorher könnte es bessere Diagnose- und Früherkennungsverfahren sowie Medikamente geben, die das Fortschreiten verlangsamen. Hoffnung macht, dass das prozentuale Risiko, an einer Demenz zu erkranken, zumindest in den westlichen Ländern zurückgeht. Offenbar spielt der Lebenswandel eine wichtige Rolle.

Was kann man für Erkrankte tun?

Um die Lebensqualität Demenzerkrankter zu verbessern, können Ärzte Ergotherapie, Logopädie und Krankengymnastik verordnen. Andere nichtmedikamentöse Ansätze wie Musik- und Kunsttherapie, Verhaltens- oder Erinnerungstherapie können ebenfalls hilfreich sein.

Welche Tipps gibt es für den Umgang mit Demenzkranken?

Demenzerkrankungen verlaufen unterschiedlich, und ebenso unterschiedlich sind die Bedürfnisse der Betroffenen. Menschliche Zuwendung, Aktivierung und Beschäftigung, ein angemessener Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten sowie eine demenzgerechte Gestaltung der Umwelt ("Milieutherapie") sind von besonderer Bedeutung.

Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft rät Angehörigen dazu, die Krankheit anzunehmen, statt sie zu verleugnen. Sie sollten den Kranken nicht auf seine Fehler hinweisen, ihn nicht kritisieren oder überfordern. Die Kranken sollten in Alltagstätigkeiten, die ihnen Spaß machen, einbezogen werden. Außerdem sollten die äußeren Lebensbedingungen angepasst werden, zum Beispiel die Sicherung von Gas- und Elektrogeräten, Nachtbeleuchtung, zweckmäßige Kleidung, Armband oder Zettel mit Name und Adresse, wenn der Kranke dazu neigt die Wohnung zu verlassen.

Welche Betreuungsmöglichkeiten gibt es?

Etwa zwei Drittel der an einer Demenz erkrankten Menschen werden in den Familien versorgt und gepflegt. Zum Teil werden die pflegenden Angehörigen dabei von ambulanten Pflegediensten unterstützt. Einige an Demenz erkrankte Personen besuchen Tagespflegeeinrichtungen, in denen sie tagsüber betreut und aktiviert werden. Gleichzeitig werden die Angehörigen dadurch entlastet.

Zunehmend werden auch Betreuungsgruppen angeboten, in denen die Betroffenen für einige Stunden von entsprechend ausgebildeten ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern betreut werden. Außerdem gibt es Ehrenamtliche, die stundenweise die Betreuung zu Hause übernehmen. Bundesweit haben sich mehrere Hundert Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz gebildet - Netzwerke von Kirchen, Vereinen und Gesundheitseinrichtungen, die Demenzbegleiter und Angehörige schulen, Cafes für Demenzkranke gründen oder Beratung und Seelsorge anbieten.

Wenn die Angehörigen die Pflege vorübergehend nicht übernehmen können, zum Beispiel wegen Krankheit oder Urlaub, ist die befristete Unterbringung in Einrichtungen der Kurzzeitpflege möglich. Wenn die häusliche Betreuung nicht mehr möglich ist, können die Betroffenen in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft für Demenzkranke leben, die es allerdings noch nicht überall gibt. Ferner kommt die Betreuung in einer stationären Einrichtung, einem Pflegeheim, infrage.

Haben Demenzkranke Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung?

Seit 2017 wird in der Pflegeversicherung nicht mehr unterschieden, ob jemand aufgrund von körperlichen oder aufgrund von geistigen Einschränkungen Hilfe benötigt. Für die Einstufung in einen der Pflegegrade von 1 bis 5 schätzt ein Gutachter des Medizinischen Dienstes bei einem Hausbesuch ein, wie stark die Selbstständigkeit und bestimmte Fähigkeiten des oder der Betreffenden eingeschränkt sind und wie viel Unterstützung in verschiedenen Modulen notwendig ist.

Quelle:
KNA