Pakistan verschärft Blasphemiegesetz

Religiöse Minderheiten im Visier

Christen in Pakistan zeigen sich über die Verschärfung des Blasphemiegesetzes ohne parlamentarische Debatte beunruhigt. Die Ergänzung des Gesetzes sieht höhere Strafen für Beleidigungen von Angehörigen des Propheten Mohammed vor.

Christinnen in Pakistan / © Asianet-Pakistan (shutterstock)
Christinnen in Pakistan / © Asianet-Pakistan ( shutterstock )

"Unsere Forderungen wurden einmal mehr ignoriert", sagte Peter Jacob, Leiter des katholischen "Zentrums für soziale Gerechtigkeit" in Lahore, dem asiatischen Pressedienst Ucanews (Donnerstag). Das umstrittene Gesetz aus den 1980er Jahren werde von Muslimen selbst bei Streitereien um Kleinigkeiten mit Christen missbraucht, sagte er.

Christen in Pakistan

Staatsreligion in Pakistan ist der Islam, 96 Prozent der Einwohner sind Muslime. Das Christentum ist nach dem Hinduismus die zweitgrößte Minderheitsreligion im Land. Gleichzeitig sind die Christen dort besonders bedroht. Wegen Blasphemie verhängen die Gerichte immer wieder Todesstrafen. Dabei genügen schon des Trinken aus einem Brunnen oder eine unliebsame Kurznachricht als Grund. (DR, 01.01.2021)

Pakistanische Christen feiern wegen Corona-Maßnahmen zu Hause Gottesdienst / © Fareed Khan (dpa)
Pakistanische Christen feiern wegen Corona-Maßnahmen zu Hause Gottesdienst / © Fareed Khan ( dpa )

Die Änderung des Blasphemiegesetzes sieht die Erhöhung der Strafe für Beleidigungen von Familienangehörigen des Propheten auf zehn Jahre und eine Geldstrafe von umgerechnet rund 4.100 Euro vor. Islamische Führungspersönlichkeiten begrüßten dies als überfällig. "Die Strafe für die Beleidigung eines Parlamentsmitglieds betrug fünf Jahre, aber die Strafe für die Beleidigung heiliger Persönlichkeiten nur drei Jahre. Das ist an sich schon eine Beleidigung", zitierte Ucanews einen Sprecher der Partei Jamaat-e-Islami.

"Änderung zielt auf religiöse Minderheiten"

Der Menschenrechtsanwalt Nadeem Anthony sagte Ucanews, die Änderung ziele auf Schiiten und Ahmadis ab, zwei religiöse Minderheiten, die im mehrheitlich sunnitischen Pakistan als nichtmuslimisch gelten. "Die Änderung wird religiös begründeten Hass und Gewalt fördern. Die Gesetzgeber sollten sich stattdessen darauf konzentrieren, wirtschaftliche und politische Probleme anzugehen, mit denen das Land konfrontiert ist", sagte Anthony.

Sunnitische Hardliner fordern bei den jährlichen schiitischen Muharram-Prozessionen wegen des Vorwurfs der Beleidigung von Gefährten des Propheten die Verhaftung von Schiiten. Mit den Prozessionen erinnern die Schiiten an das Massaker an Imam Hussein, dem Enkel des Propheten Mohammed, und seiner Familie im siebten Jahrhundert. Mit der Niederlage Husseins in der Schlacht von Kerbela im Jahr 680 scheiterte die Hoffnung der Schiiten, ihren dritten Imam anstelle von Yazid I. als Kalifen, also Oberhaupt der islamischen Gemeinschaft, einzusetzen.

Überraschende Freisprüche

Auf die Beleidigung des Propheten und des Korans steht in Pakistan seit Einführung des Blasphemiegesetze in den 1980ern während der Diktatur von General Zia ul-Haq die Todesstrafe. Obwohl die Justiz bislang auf Vollstreckung solcher Urteile verzichtete, wurden in den vergangenen Jahren Dutzende der Blasphemie beschuldigte Menschen, zumeist Christen, von aufgebrachten Muslimen umgebracht. Seit 2021 waren allerdings einige angeklagte Christen überraschend freigesprochen worden; darunter die Katholikin Asia Bibi, die acht Jahre lang wegen Blasphemie in der Todeszelle saß.

Quelle:
KNA