Wochenimpuls: Schönen Sonntag sagt Susanne

Erinnerungen sammeln

Heute möchte ich Ihnen gerne von einem Film erzählen, der mir besonders gefallen hat. Ich mag Filme mit Botschaft. Und ich mag Kinderfilme, die für Kinder UND für Erwachsene ein Vergnügen sind. So einen hat meine Tochter vor ein paar Tagen für uns beide ausgewählt: "Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess". Es geht um existenzielle Fragen, die sich Kinder UND Erwachsene stellen. Den Umgang mit Tod und Verlust, den Sinn des Lebens. Es geht ums Alleinsein und um die eigene Identität. Vor allem aber geht es um die Bedeutung von Familie und Freundschaft. Das alles in einer sommerleichten Feriengeschichte, die auf einer niederländischen Insel spielt. Der Film beruht auf dem gleichnamigen und erfolgreichen Kinderbuch von Anna Woltz.

Im Mittelpunkt steht Sam, 10 Jahre alt. Er macht ein Alleinsein-Training, damit er gewappnet ist, wenn seine Eltern und sein Bruder vor ihm sterben. Aber dann lernt Sam die kecke und wunderbar seltsame Tess kennen. Tess kennt ihren Vater nicht, glaubt aber, ihn auf Facebook gefunden zu haben. Mit einem Trick hat sie ihn auf die Insel gelockt. Bevor sie sich als seine Tochter "outet", will Tess herausfinden, ob sie ihn überhaupt mag. Dabei setzt Tess auf Sams Hilfe, der daraufhin hin- und hergerissen ist zwischen seinem Alleinsein-Training und Tess. Sam hilft ihr bei ihrem Papa-Plan und stellt dabei fest, wie wichtig die Familie und wie wichtig Freundschaft ist.

Eine der Schlüsselszenen zeigt Sam, wie er am Lagerfeuer seinen Vater beobachtet, der völlig schräg Gitarre spielt und ein Ständchen dazu trällert. Was, wenn er ihn jetzt zum allerersten Mal sähe? Wie würde er ihn finden? Lächerlich, cool oder zu pummelig? Ist es klüger, Tess würde ihren Vater nicht kennen? Dann müsste sie auch nicht trauern, wenn er eines Tages stirbt. Hille, ein alter Mann, dessen Frau gestorben ist, rät Sam, so viele Erinnerungen zu sammeln wie möglich, denn davon könne er ein Leben lang zehren. Manche Leute streben nach viel Geld, sagt Hille zu Sam, seine Reichtümer seien seine Erinnerungen.

Erinnerungen sind wie ein fester Boden, wie ein stabiles Fundament, von dem aus man Gegenwart und Zukunft überblicken und so Sicherheit gewinnen kann. Und es ist, wie es das Wort "erinnern" sagt: Es muss in mir sein, damit ich es herausholen kann.

"Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess" ist ein Film mit froher Botschaft. Er verpackt wichtige Themen einfühlsam und humorvoll. Ich packe ihn in meine Schatzkiste der Filme, an dich ich mich besonders gerne erinnere und die ich bestimmt auch nochmal anschauen werde.

Schönen Sonntag!

Ihre Susanne Becker-Huberti

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