Wochenimpuls: Schönen Sonntag sagt Susanne

Fromme Tücher

Früher gehörten sie in jeden katholischen Haushalt: Fromme Tücher nannte man sie.

Die Mütter oder die Omas haben sie - ehrfurchtsvoll zusammengelegt - an einem bestimmten Platz aufbewahrt: Tischdecken für einen Nachttisch oder für einen Tisch vor dem Haus auf der Straße.

Diese besonders bestickten Tücher wurden gebraucht, wenn die Fronleichnamsprozession vorbeizog und das Haus entsprechend geschmückt wurde. Auf den Tüchern standen Kerzen, ein Kreuz oder eine Heiligenfigur.

Oder sie kamen im Schlafzimmer zum Einsatz, wenn jemand aus der Familie die Krankensalbung empfing - was früher noch etwas missverständlich hieß, „die Letzte Ölung“ zu empfangen.

Diese frommen Tücher waren wichtig, weil ihr Vorhandensein damals bezeugte, dass und wie eine Familie die Religion ernst nahm. Wer bei den frommen Tüchern schluderte, tat es vermutlich auch im Leben – so glaubte man. So wie ein gepflegtes Familiengrab eine funktionierende Familie bezeugte, so zeigten die frommen Tücher das, was bei Pfadfinderinnen und Pfadfindern heißt: Allzeit bereit.

Und dieses Motto ist clever, denn - fromme Tücher hin oder her: In jeder Lebenssituation bereit zu sein, das Leben gut zu beenden, das hat was mit dem bevorstehenden Fronleichnamsfest zu tun.

Wir alle ziehen durch die Zeit der Ewigkeit entgegen. Und wir alle hoffen bis dahin, unter dem Schutz Gottes zu stehen, wie bei der Fronleichnamsprozession gezeigt wird. Und wer möchte nicht nach dem irdischen Ende einen himmlischen Neuanfang beginnen? Fronleichnam erinnert an den Lebensweg mit Gottes Begleitung, der zu einem glücklichen Ende führen soll – mit oder ohne fromme Tücher.

Schönen Sonntag!

Ihre Susanne Becker-Huberti

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